Mutmaßlicher Täter vor Gericht Frank S.: Reker verfolge eine „linksradikale Schickeria-Ideologie“

Düsseldorf · Am Freitag hat Frank S., der Henriette Reker bei einer Veranstaltung vor ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin niedergestochen hatte, die Tat gestanden. Dabei ließ er erstaunliche Details zu seiner Motivation erblicken.

Attentat auf Henriette Reker: Frank S. vor Gericht in Düsseldorf
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Reker-Attentäter Frank S. vor Gericht in Düsseldorf

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Foto: dpa, obe fdt

Eigentlich will Frank S. auch an diesem zweiten Prozesstag gar nichts dazu sagen, warum er mit dem Messer auf Henriette Reker losgegangen ist. Doch dann sprudelt es plötzlich aus ihm heraus. Reker sei mit ihrer "linksradikalen Schickeria-Ideologie" für die verfehlte Flüchtlingspolitik verantwortlich gewesen: "Sie hat Schuld auf sich geladen." Alles habe sich "nur um Flüchtlinge gedreht". Mit seinem Attentat habe er zum Widerstand ermuntern wollen. Allerdings, so sagt er, wäre ihm ein "Duell Mann gegen Mann" lieber gewesen.

Dass Reker als parteilos gelte, ärgere ihn noch immer, denn in Wahrheit sei die Kölner Oberbürgermeisterin eine "Marionette" der Grünen. Und die Grünen wiederum unterstützten Antifa-Gruppen, bei denen es sich um kriminelle Vereinigungen handele. Doch egal ob CDU, Grüne, Piraten oder SPD — in Deutschland herrsche eine "Einheitspartei wie in der DDR".

Er habe "martialisch" wirken wollen

Bevor Frank S., den man wohl als rechtsextrem einzustufen hat, diese wirren Äußerungen von sich gibt, schildert er den Ablauf des Tattags vom 16. Oktober 2015. Demnach hat er am Abend zuvor die Wahlkampftermine Rekers im Internet herausgesucht und sich das große Bowiemesser sowie ein kleineres Messer zurechtgelegt. Er habe bei dem Attentat "martialisch" wirken wollen, sagt er in Rambo-Manier zu Richterin Barbara Havliza.

Die Nacht schläft er unruhig und steht gegen sechs Uhr auf. Er bindet sich die Lederscheide für das Bowiemesser an den rechten Oberschenkel und zieht eine weite Latzhose an. Um an das Messer zu kommen, muss er einige Hosenknöpfe öffnen. Den Griff hat er mehrfach geübt. Zum "Frühstück" trinkt S. eine Flasche Bier. An der "Tanke" kauft er kurz darauf zwei weitere Flaschen, von denen er eine während der Straßenbahnfahrt leert. Er habe sich "enthemmen" wollen, berichtet S., der kein Alkoholproblem haben will. In der Nähe des Tatorts trinkt er bald darauf die dritte Flasche.

"Wenn ich sie hätte töten wollen, hätte ich sie töten können"

Kurz nach neun Uhr geht er schnurstracks auf den Wahlkampfstand zu, an dem Henriette Reker Rosen an Passanten verteilt. Er bittet um eine Blume und sticht ihr in diesem Moment in den Hals. "Zack" sagt er, als er mit einer Handbewegung den Tathergang demonstriert. Für ihn war damit "die Sache gegessen", und er habe das Messer weggeworfen, sagt Frank S. Wenn er Reker, die mit den Rosen vor ihm auf dem Boden lag, hätte töten wollen, hätte er das gekonnt und "zwei-, dreimal auf sie eingestochen". Er habe sie aber nur verletzen wollen.

Dann aber sei ein "Mob" auf ihn eingestürmt, und er habe sich wehren müssen: "Ich hatte keine Lust, gelyncht zu werden." Mit einem der beiden Messer — welches ist unklar — verletzte er drei Personen, die Reker helfen wollten. "Es war Notwehr", rechtfertigt er sich und beteuert: "Ich steche doch nicht aus Mordlust auf mir unbekannte Menschen ein."

Frank S. ist wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Nächste Woche wird er Henriette Reker erstmals gegenübersitzen.

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