Stellungnahme des Bundesinnenministeriums Hatte der Reker-Attentäter Kontakte zum Verfassungsschutz?
Köln · Der 44-jährige Frank S., der die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Wahlkampf niedergestochen hat, war möglicherweise Kontaktmann des Verfassungsschutzes.
Diese Vermutung, die bereits nach dem Anschlag vom 17. Oktober kursierte, erhält neue Nahrung durch die Antwort des Bundesinnenministerium auf eine Anfrage des Kölner Bundestagsabgeordnete der Grünen, Volker Beck. Er hatte wissen wollen, ob es "aktuell oder in der Vergangenheit Verbindungen zwischen den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder und Frank S." gegeben habe.
In seiner jetzt bekannt gewordenen Stellungnahme beantwortet das Bundesinnenministerium diese Frage ausweichend. Darin heißt es, dass die Bundesregierung "nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt" sei, "dass eine Beantwortung der Frage nicht erfolgen kann". Der Informationsanspruch des Bundestages finde "eine Grenze bei geheimhaltungsbedürftigen Informationen, deren Bekanntwerden das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden kann".
Allerdings wird darauf verwiesen, dass "die Führung von Quellen" — das sind die sogenannten V-Leute des Verfassungsschutzes - zu den wichtigsten nachrichtendienstlichen Mitteln gehöre: "Würden Einzelheiten hierzu, auch welche die quellenführende Stelle betreffend oder Namen einzelner Quellen bekannt, könnten dadurch Rückschlüsse auf den Einsatz von Quellen und die Arbeitsweise der Nachrichtendienste gezogen werden."
Diese gewundenen Formulierungen legen den Schluss nahe, dass Volker S. eine dieser "Quellen" gewesen sein könnte. Unmittelbar nach dem Mordanschlag, bei dem Henriette Reker (damals 58) am Hals schwer verletzt wurde, war spekuliert worden, dass der Attentäter Kontakte zu rechtsextremistischen Kreisen hatte. Aber auch dazu will sich das Bundesinnenministerium jetzt in seiner Antwort an Beck "aus datenschutzrechtlichen Gründen" nicht äußern. Beck hatte nach dem Anschlag der "Bild"-Zeitung erklärt, ihn mache hellhörig, "dass die Akte von Frank S. bei der Bundesagentur für Arbeit als geheim eingestuft wurde".
Frank S. soll in den 90er Jahren in Bonn-Beuel gelebt haben. Er sei dort Anhänger einer besonders aggressiven und militanten rechtsextremen Gruppe gewesen, heißt es. Demnach habe er schon damals als gewaltbereit gegolten, hatte etliche Vorstrafen und saß schon im Gefängnis. Seinen Mordanschlag auf Henriette Reker begründete er unmittelbar nach der Bluttat damit, dass die parteilose Politikerin als damalige Sozialdezernentin der Stadt für die Aufnahme der Flüchtlinge verantwortlich gewesen sei.
Reker war einen Tag nach dem Attentat zur neuen Kölner Oberbürgermeisterin gewählt worden. Am Dienstag legte sie im Rat der Stadt den Amtseid ab. Die Amtskette kann sie wegen der Verletzung am Hals aber immer noch nicht anlegen.