Silvester am Hauptbahnhof Was wir bisher über die Übergriffe in Köln wissen

Köln · In den vergangenen Tagen sind immer wieder Passanten am Kölner Hauptbahnhof massiv angegangen worden – besonders in der Silvesternacht kam es zu sexuellen Übergriffen und Diebstählen. Das ist der aktuelle Stand der Ermittlungen.

 Die Hohenzollernbrücke in Köln, die zum Hauptbahnhof führt.

Die Hohenzollernbrücke in Köln, die zum Hauptbahnhof führt.

Foto: dpa

In den vergangenen Tagen sind immer wieder Passanten am Kölner Hauptbahnhof massiv angegangen worden — besonders in der Silvesternacht kam es zu sexuellen Übergriffen und Diebstählen. Das ist der aktuelle Stand der Ermittlungen.

Tausende Menschen hielten sich rund um den Jahreswechsel am Kölner Hauptbahnhof auf. Entweder, weil sie mit dem öffentlichen Nahverkehr zu einer Party wollten - oder zum Rheinufer, um von dort aus das Feuerwerk zu sehen. Auf dem Bahnhofsvorplatz kam laut Polizei im Lauf des Abends beim Böllern aggressive Stimmung auf. Man habe die Pyrotechnik in den Griff bekommen müssen — der Platz wurde noch vor Mitternacht sogar geräumt. Im Inneren des Bahnhofs ging es aufgrund der Menschenmassen zeitweise weder vor noch zurück. Im Getümmel versuchten Kriminelle dann, ihren Opfern Wertsachen zu stehlen. Augenzeugen zufolge sollen bis zu 100 Männer ihre Opfer sexuell belästigt haben.

Wie an Silvester üblich wurde die örtliche Polizei von der Bundesbereitschaftspolizei unterstützt. Auch bei Fußballspielen, an Karneval oder bei den Kölner Lichtern sind mehr Beamte im Einsatz als gewöhnlich. "Von der Personaldecke waren wir gut aufgestellt", sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Von der Vielzahl der Trickdiebe seien die Einsatzkräfte allerdings überrascht worden.

60 Personen haben laut Polizei bisher Anzeige erstattet. Nach Mitternacht meldeten sich demnach die ersten Opfer und berichteten von sexueller Belästigung und Diebstahl. Allerdings konnten sie die Täter nicht mehr identifizieren, zumal diese unterdessen in der Masse untergetaucht waren.

Die eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe der Polizei hat am frühen Sonntagmorgen fünf verdächtige Männer festgenommen. Laut gemeinsamer Mitteilung der Polizei Köln und der Bundespolizei fassten sie die Tatverdächtigen auf einem Bahnsteig des Breslauer Platzes. Die Männer hatten demnach zuvor weibliche Reisende bedrängt. Bei einem weiteren Geschädigten sollen die Männer ein Handy gestohlen haben. Die Männer stehen nicht unter konkretem Verdacht, etwas mit den Delikten in der Silvesternacht zu tun gehabt zu haben. Sie wurden wegen ähnlicher Diebstahlsdelikte festgenommen. Zwei von ihnen wurden inzwischen in die JVA Ossendorf verlegt.

Der Polizei liegen dazu keine gesicherten Erkenntnisse vor. Wer die Täter sind, könne man noch nicht sagen, erläuterte Heidemarie Wiehler, Direktion Kriminalität. Die Täter werden ihren Angaben nach aber vorwiegend als aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum stammend beschrieben.

"Die Täter haben nichts mit der aktuellen Flüchtlingswelle zu tun", sagt ein Polizeisprecher. Die Täter würden über Nordafrika und Frankreich nach Deutschland reisen.

Laut Polizei gingen die Täter mit dem sogenannten Antanz-Trick vor, bei dem sie Körperkontakt zu ihren Opfern suchen. Zur ausgelassenen Stimmung an Silvester passend versuchten es die Männer vor allem damit, Frauen anzutanzen und dabei zu berühren — einige Frauen erstatteten Anzeige wegen sexueller Belästigung. Außerdem gibt es den Trick, Männern einen Fußball zuzuspielen. Die Täter hoffen, dass die Männer, meist angetrunken, reagieren. Im Zweikampf suchen die Kriminellen dann den Körperkontakt und versuchen so ebenfalls, ihren Opfern Beute zu entwenden.

Handys und Portemonnaies. "Wir gehen davon aus, dass die Täter ihre Opfer bestehlen wollen", sagt ein Sprecher der Bundespolizei. Die sexuelle Belästigung diene vor allem als Ablenkung, um dem Opfer näher zu kommen und so unbemerkt Wertsachen zu entwenden.

Die Polizei rät, zum Feiern nicht alleine, sondern in Gruppen loszuziehen. Fremde sollten einem nicht näher als 80 Zentimeter kommen. Zudem sollte man Handy oder Portemonnaies nicht sichtbar tragen — Täter beobachten ihre Opfer auch beim Telefonieren und schauen, wo sie ihr Smartphone verstauen. Generell gilt: Wersachen sollte man eng am Körper tragen, damit der Täter nicht leicht herankommt und das Opfer sofort merkt, wenn etwas entwendet wurde.

Die Silvesternacht und das anschließende Wochenende waren die perfekte Zeit für Kriminelle, da sich viele Angetrunkene rund um den Hauptbahnhof tummelten. "Die Täter haben es vor allem in den späten Abend- und frühen Morgenstunden auf ihre Opfer abgesehen, da die Lokale dann schließen und Gäste die Heimfahrt antreten", sagt ein Sprecher. Die Ermittler erwarten, dass die Zahl der Straftaten in den kommenden Tagen zurückgeht, allerdings am Wochenende wieder ansteigen könnte.

Dass Kriminelle ihre Opfer körperlich bedrängen, ist nicht neu. "So massiv wie an Silvester haben wir es aber noch nie erlebt", sagt ein Sprecher.

Die Bundespolizei, die für die Sicherheit in Zügen und auf Bahnanlagen zuständig ist, zeigt Präsenz. Zudem überprüft sie vereinzelt Reisende und Verdächtige. In Zukunft will sie bei Großlagen vermehrt verdeckte Ermittler einsetzen, sagt ein Polizeisprecher.

Die Polizei wertet die Daten aktuell aus und erhofft sich Erkenntnisse. "Alle Daten sind gesichert", heißt es.

(spol)
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