Angriff auf OB-Kandidatin Henriette Reker Attentat auf dem Wochenmarkt

Köln · Der Sonnenschirm der Grünen liegt am Boden, Flugbätter des Wahlkampfstandes sind vom Regen durchgeweicht. Unbekannte haben Rosen am Tatort auf dem Wochenmarkt in Braunsfeld niedergelegt. Die Ermittler der Polizei fotografieren und vermessen, während der Betrieb auf dem Markt weitergeht. Nur wenige Stunden zuvor wurde hier ein Attentat auf Kölns OB-Kandidatin Henriette Reker verübt. Die 58-Jährige ist schwer verletzt.

Henriette Reker: Entsetzen in Köln nach Attentat
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Entsetzen in Köln nach Attentat auf Reker

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Foto: dpa, fg htf

Früh am Morgen war Henriette Reker mit dem Auto, das für den Wahlkampf mit ihrem Porträt bedruckt wurde, zum Wochenmarkt nach Braunsfeld gekommen. Es ist ein ruhiges Viertel an der Aachener Straße. Hier gibt es noch die kleinen Einzelhandelsgeschäfte, schicke Modeläden, einen Metzger, Bäcker, Traditionsgaststätten. Ein Bio-Supermarkt ist ganz in der Nähe.

Henriette Reker hatte sich auf diesen Termin gefreut, sagen Wahlkampfhelfer, die mit dabei waren. Es sollte eine der letzten Veranstaltungen vor der Wahl am Sonntag sein. Die 58-Jährige war optimistisch, "selbst wenn es eng werden sollte und wir in die Stichwahl müssen", erinnert sich ein Augenzeuge. Auf dem Markt wollte sie am Stand der CDU mit den Bürgern ins Gespräch kommen, Rosen an die potentiellen Wähler verteilen.

Henriette Reker bei Angriff in Köln schwer verletzt
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OB-Kandidatin Reker in Köln bei Messerangriff verletzt

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Foto: ANC-NEWS

Um 9.05 Uhr geht ein 44-jähriger Mann auf Henriette Reker zu. Augenzeugen sagen später, dass er zwei Messer bei sich trug und die OB-Kandidatin gezielt angegriffen habe. Ein Stich trifft die 58-Jährige in den Hals, sie wird schwer verletzt. Der Täter soll ihr auch in den Bauch gestochen haben. Außerdem werden noch vier weitere Menschen verletzt, einer davon ebenfalls schwer. Später stellt sich heraus, dass ein Beamter der Bundespolizei, der privat auf dem Markt war, als erster eingegriffen und den Attentäter überwältigt hat. Auch Wahlkämpfer der Grünen wollen den Mann überwältigen. Einer von ihnen nimmt den Sonnenschirm der Partei und hält den Täter, der rund 1,90 groß sein soll, in Schach.

Der Täter sagt sinngemäß, "er wolle die Gesellschaft von solchen Leuten befreien", erzählt ein Augenzeuge. Nach der Tat setzt sich der unauffällig gekleidete Mann nach Aussagen des Kölner CDU-Vorsitzenden Bernd Petelkau ruhig hin und sagt: "Ich musste es tun. Ich schütze euch alle." Er lässt sich von der Polizei ohne Widerstand festnehmen.

Henriette Reker kommt in die Uni-Klinik, sie wird notoperiert. Die gute Nachricht: Keine wichtigen Organe sind bei dem Angriff verletzt worden.

Die Polizei sperrt die Aachener Straße, der Tatort wird mit Flatterband versehen. Einsatzfahrzeuge säumen die belebte Einkaufsstraße. Ermittler fotografieren die Wahlkampfstände, sprechen mit Zeugen, vermessen den Tatort. Der Wochenmarkt geht inzwischen weiter.

Gleich neben dem Mark steht die evangelische Clarenbach-Kirche. Pfarrerin Ulrike Graupner kümmert sich um die verstörten Augenzeugen. "Wir sind alle geschockt von den Ereignissen", sagt sie. "Man kennt sich hier. Das ist ein friedlicher Stadtteil."

In dem friedlichen Stadtteil wollte Henriette Reker auf die Zielgerade ihres Wahlkampfes auf die Straße gehen. Anders als ihr Mitbewerber Jochen Ott (SPD), der frontal auf die Leute zugehen kann, hat sie eher Scheu, die Fußgänger direkt anzusprechen. Dies konnte man in der vorigen Woche beobachten, als sie im Kölner Stadtteil Zollstock an der morgens noch nicht sehr belebten Kreuzung Höninger Weg/Gottesacker darauf wartete, von Passanten angesprochen zu werden. Allerdings kann sie geduldig zuhören, auch wenn mitunter derbe Kraftworte von Ur-Kölnern gegen "die" Politiker fallen.

 Mit diesen Bowie Knife, einem nordamerikanischen kampfmesser, ging der Täter auf Reker los.

Mit diesen Bowie Knife, einem nordamerikanischen kampfmesser, ging der Täter auf Reker los.

Foto: RPO/Christian Schwerdtfeger

Konkurrent Jochen Ott hat kurz nach der Tat über soziale Medien sein Ensetzen bekundet und den Wahlkampf unterbrochen. Vier Stunden nach dem Attentat teilte die Stadt Köln mit, dass die Wahl am Sonntag stattfinden wird. Auf dem Wochenmarkt in Braunsfeld haben Unbekannte Blumen an die Absperrung am Tatort gelegt. Jemand hat ein Schild aufgestellt, auf dem steht: Keine Macht dem Hass!

Der 44-Jährige wird derweil von der Polizei vernommen. Auch der Verfassungsschutz ist dabei. Motiv für seine Tat war offenbar Fremdenhass. Unklar ist, inwieweit man die Aussagen des Täters glauben kann und ob der Mann voll zurechnungsfähig ist.

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