Siegerin der Kölner OB-Wahl Henriette Reker gilt als Kämpfernatur

Köln · Die Kölner haben sich entschieden und Henriette Reker zur ersten Oberbürgermeisterin der Domstadt gewählt. Ob die 58-Jährige das Amt nach dem Attentat auf sie antreten wird, bleibt abzuwarten. Vertraute gehen jedoch davon aus.

Henriette Reker – OB in Köln und Attentats-Opfer
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Das ist Henriette Reker

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Foto: dpa/Marius Becker

Christoph Schykowski kennt Henriette Reker gut. Erst vor einer Woche hat der Kölner CDU-Politiker die parteilose OB-Kandidatin im Straßenwahlkampf unterstützt und die Passanten ermuntert, Reker zu wählen. Die Mehrheit der Kölner hat sich gestern klar für sie als neue und erste Oberbürgermeisterin der Domstadt entschieden. Doch ist die zierlich wirkende Juristin nach dem Messerattentat auch willens und in der Lage, den strapaziösen OB-Posten zu bekleiden? "Sie schafft das", ist sich Schykowski sicher.

Tatsächlich sollte man Henriette Reker nicht unterschätzen. Seit 2010 ist sie als Dezernentin für Soziales, Integration und Umwelt in Köln tätig. Keine leichte Aufgabe angesichts des großen Mangels an Unterkünften für die Flüchtlinge. Auf dem ersten Höhepunkt der Zuwanderungswelle hat sich Reker mit dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki angelegt und ihm vorgeworfen, nicht genug für die Unterbringung der Menschen zu tun.

Die Kölner Stadtverwaltung hat 17.000 Mitarbeiter; 2000 von ihnen arbeiten im Einflussbereich von Reker. Sie traute sich durchaus zu, die gesamte Verwaltung "mitzunehmen", die derzeit "parteipolitisch gesteuert" werde. Dieser Vorwurf richtete sich nicht nur gegen den bisherigen Oberbürgermeister der Stadt, Jürgen Roters (SPD), sondern auch gegen ihren Mitbewerber um diesen Posten, den Kölner SPD-Chef Jochen Ott.

Henriette Reker: NRW-Spitzenpolitiker bilden Menschenkette vor Kölner Rathaus
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Köln: NRW-Spitzenpolitiker bilden Menschenkette vor Rathaus

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Reker wolle, so hat sie gesagt, die Millionenstadt Köln wie ein Unternehmen führen. Nicht herrschsüchtig, sondern unter größtmöglicher Beteiligung der Bürger, wobei ihr die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen besonders wichtig sei. Reker, die mit einem australischen Golflehrer verheiratet ist, ließ nicht unerwähnt, dass sie "leider keine Kinder" habe.

Ihre Rolle als OB sehe sie darin, den Mitarbeiterstab zu führen und vor allem zu motivieren. Weil es bisher keine klare Prioritätensetzung gebe, bleibe Köln "hinter seinen Möglichkeiten zurück", hatte Reker beklagt und vor der CDU angekündigt, sie wolle nicht "aufräumen, sondern ausräumen". Eine solch harsche Tonart hätte man der smarten 58-Jährigen, die auch bei öffentlichen Auftritten eher zurückhaltend wirkt, eigentlich nicht zugetraut. Der Straßenwahlkampf lag Reker dagegen nicht so recht. Anders als Ott, der frontal auf die Leute zugehen kann, hatte sie Scheu, die Fußgänger direkt anzusprechen. Allerdings konnte sie geduldig zuhören, auch wenn derbe Kraftworte von Ur-Kölnern gegen "die" Politiker fielen.

Auf die Frage von Bürgern, wie sie als OB die Interessen von CDU, Grünen und FDP, die sie unterstützen, unter einem Hut bringen wolle, pflegte sie lächelnd zu antworten: "Gar nicht. Ich bin parteipolitisch ungebunden." Ihr komme es darauf an, zum Wohle der Stadt die besten Ideen aufzugreifen - "egal, von welcher Partei sie kommen".

Henriette Reker: Kölner wählen einen Tag nach dem Attentat
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Kölner wählen einen Tag nach dem Attentat

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Zwischen dieser selbstbewussten Ankündigung und dem Messer-Attentat liegt genau eine Woche. Weder Reker noch ihr Team haben damals auch nur eine Minute daran gedacht, dass sie Opfer eines gemeingefährlichen Mannes werden könnten; Schutzvorkehrungen gab es keine. Demgegenüber wurde Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gleich von mehreren Sicherheitskräften begleitet, als sie im Kölner Straßenwahlkampf Ott unterstützte und über den Wochenmarkt schlenderte. Die "Bodyguards" in dunklen Mänteln hatten stets ein wachsames Auge auf sie.

Mit Sicherheit wird sich Henriette Reker in nächster Zeit mit sehr gemischten Gefühlen in die Öffentlichkeit begeben, und vermutlich wird auch sie Leibwächter benötigen. Aufgeben aber, da ist sich Christoph Schykowski sicher, wird sie nicht: "Die Henriette ist eine Kämpfernatur."

(hüw)
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