Prozess wegen Körperverletzung HIV-positiver Mann in Köln freigesprochen

Köln · Ungewöhnlicher Prozess am Kölner Amtsgericht: Ein 41-Jähriger war wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt, weil er mit zwei Frauen geschlafen hat, ohne ihnen von seiner HIV-Infektion zu erzählen.

 Ein Schild weist auf das Land- und Amtsgericht in Köln hin (Symbolbild).

Ein Schild weist auf das Land- und Amtsgericht in Köln hin (Symbolbild).

Foto: Hauser

Zwei Jahre ist es her, dass Paul F. (Name geändert) innerhalb von drei Monaten mit zwei Frauen geschlafen hat, ohne ihnen zu sagen, dass er HIV-positiv ist. Der 41-Jährige habe damit "billigend in Lauf genommen, dass sich die Frauen anstecken", heißt es in der Anklage. Die Staatsanwaltschaft wirft Paul F. deshalb gefährliche Körperverletzung vor.

Der Angeklagte ist am Mittwoch im Kölner Amtsgericht zu nervös, um selbst zu sprechen. Sein Verteidiger übernimmt das und sagt: "Es stimmt, er hatte Geschlechtsverkehr mit den Frauen — aber er war zum damaligen Zeitpunkt nicht infektiös."

Der Vorsitzende Richter hat einen Sachverständigen geladen: Den Oberarzt einer Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten, die zur Kölner Uniklinik gehört. Paul F. werde seit 2012 mit Medikamenten behandelt, die gegen das HI-Virus gerichtet seien, sagt der Mediziner. "Er war zum Tatzeitpunkt nicht ansteckend, weil keine Viren in seinem Blut waren." Grund dafür sei eine Medikamenten-Therapie, die bei Paul F. sehr gut anschlage.

Die Medikamente verhindern nicht nur den Ausbruch von Aids, sondern senken die Anzahl der Viren im Körper des Infizierten derart stark, dass das Virus nicht mehr beim Sex übertragen werden kann, so der Gutachter. "Eine wirksame Therapie bietet heutzutage sogar einen besseren Schutz als die Benutzung eines Kondoms." Der 66-Jährige fügt hinzu: "Ein Kondom zu benutzen ist natürlich aus 1000 Gründen trotzdem sinnvoll."

Der Arzt entlastet den Angeklagten mit seinem Gutachten und so geht der Prozess schnell zu Ende. Die Staatsanwältin beantragt einen Freispruch. "Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt nicht infektiös — also musste er seine Partnerinnen nicht zwingend über seine Krankheit aufklären", sagt sie. Der Verteidiger sagt: "In den 1980er Jahren war jeder Geschlechtsverkehr mit einem HIV-Positiven ein Risiko, die Diagnose kam einer Todesbotschaft gleich, heute ist das anders."

Der Vorsitzende Richter folgt dem Antrag der Staatsanwaltschaft und spricht Paul F. frei. "Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Infektion so in Schach halten lässt", sagt er. Paul F. sei geradezu ein "Musterpatient", da er seine Medikamente konsequent nehme und sich alle drei Monate untersuchen lasse.

(hsr)
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