Köln hat einen neuen Erzbischof Kardinal Woelki: Hier bin ich

Köln · Kurz vor elf Uhr war es, da hatte Köln einen neuen Erzbischof. Nicht die Ernennung durch Papst Franziskus war entscheidend, auch nicht der Abschied des Kardinals aus Berlin und erst recht nicht sein Treueeid auf die Verfassung vor ein paar Tagen in der Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen.

Kölner feiern Rainer Maria Woelki als Erzbischof
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Der Amtsakt war diesmal ein denkbar einfacher und für 5000 Gläubige im Köln Dom auch ein sehr anschaulicher. Nachdem Dompropst Norbert Feldhoff die päpstliche Urkunde für den 95. Kölner Erzbischof verlesen hatte in ihrem so herrlich altertümlichen Ton — "die Spuren und Ursprünge der Stellung Kölns findet man in alten Schriften, welche uns die Berühmtheit dieser Stellung vor Augen führen" —, nahm Rainer Maria Kardinal Woelki einfach Platz auf dem prächtigen Bischofsstuhl. Über dem hängt seit kurzem das frisch gestickte Wappen des Bischofs. Wörtlicher und unmissverständlicher lässt sich die Inbesitznahme des Amtes kaum gestalten.

Fast drei Stunden wurde im Dom die Einführung gefeiert, in denen die Menschen zu Zeugen eines auch historischen Ereignisses wurden. Welche Glaubens- und Machttradition sich dort vereinte und wie tief die Symbolik in die Vergangenheit von Stadt und Kirche zurückreichten, symbolisierten die beiden Bischofsstäbe: Der sogenannte Fringsstab erinnert an den früheren Kardinal Frings (1887—1978), der als erster Kölner Priester auch das höchste Amt im Bistum erlangte. Woelki tritt nun als zweiter Kölner in diese Fußstapfen.

Weitaus länger weist der Petrusstab in die Vergangenheit zurück, der seit über 1000 Jahren in Köln aufbewahrt wird und für diesen Tag aus der Domschatzkammer herbeigeholt wurde. Der Legende nach soll der Heilige Maternus auf einer Pilgerreise gestorben, mit Hilfe des Stabes aber wieder zum Leben erweckt worden sein. Ein heiliges Holz, um das sich bald Trier und Köln stritten. Man fand eine rheinische Lösung: Erzbischof Warin überließ seinem Amtsbruder aus Trier im Jahr 980 den unteren Teil des Holzstabes.

"Ich kann das nicht allein"

Um Leben und Tod ging es auch in Woelkis Predigt, um den Herrn als guten Hirten und um Orpheus, zwei Figuren, die in der Krümme des Fringsstabes zu finden sind. Doch während es Orpheus nicht gelingt, seine geliebte Eurydike aus dem Reich der Toten zu erretten, siegt bei Gott die Liebe. "Sie ist stärker als der Tod", so Woelki. Genau das beschreibt Woelkis Programm: als Bischof nach Petrus' Worten "ein Zeuge der Auferstehung" zu sein und damit Christus und seinem Evangelium ein Gesicht zu geben. "Ich kann das nicht allein", sagte Woelki. "Christ sein kann ich nur zusammen mit ihnen, damit ich dann auch für Sie Bischof sein kann."

Der warme und kräftige Beifall zeigte zumindest im Dom, dass der neue Erzbischof kein Einzelkämpfer sein wird. "Hier bin ich", heißt es bei Jesaja. Und Woelki hat dieses Bekenntnis zum bedingungslosen Dienst dreimal im Hohen Dom zu Köln gesprochen: Am Tage seiner Priesterweihe vor über 29 Jahren, vor über elfeinhalb Jahren zur Bischofsweihe, ein drittes Mal jetzt bei seiner Einführung. Immer wieder haben Menschen diesen Satz gesagt, wenn sie von Gott herausgerufen wurden, sagte Woelki. Und immer wieder haben sie sich damit der ihnen aufgetragenen Aufgabe gestellt.

Natürlich war die Einführungsmesse groß und feierlich. Imposant auch die Zahl der vielen Kardinäle und Erzbischofe — darunter Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller aus Rom sowie Reinhard Kardinal Marx aus München, der in seinem Grußwort auch den anwesenden Alterzbischof Joachim Meisner bedachte: "Langweilig war es mit Dir nie. Du hast uns sehr oft angeregt und manchmal aufgeregt."

Zu erleben gab es auch eine Uraufführung, ein Werk, das Woelkis Wahlspruch, "Nos sumus testes" (Wir sind Zeugen) aufgreift und das der Düsseldorfer Kirchenmusiker Klaus Wallrath für vier Chöre komponierte. Doch ging es mitunter bodenständiger und in gewisser Weise volkskirchlicher zu, besonders bei der Prozession der Gaben aus den Regionen des Erzbistums. Mit Beifall bedacht wurden die Geschenke aus der Landeshauptstadt — neben Senf auch eine CD der Toten Hosen.

Woelki hört die "Hosen"

Später, auf dem Volksfest-fröhlichen Roncalli-Platz ließ Woelki sogar durchblicken, dass er die Musik gelegentlich ganz gern höre; vor allem bei langen Autofahrten, um die Müdigkeit zu überbrücken. Auch würden ihm manche Texte der Toten Hosen gefallen. Eine große Packung Aspirin und ein Bayer-04-Fan-Schal überbrachten ihm die Abgesandten aus Leverkusen, während die Kölner ihrem Erzbischof und bekennenden FC-Fan einen kleinen Hennes und ein Kölschfässchen schenkten.

Vor den Pforten des Doms dann das große Fest zu Kölsch und Bratwurst, das die Freude über den neuen Erzbischof spiegelte. Wenigstens an diesem Tag sollten die Sorgen und Nöte der Kirche ein wenig blasser scheinen, auch wenn die stellvertretende Ministerpräsidenten Sylvia Löhrmann (Grüne) im Dom den Reformbedarf der Kirche und kritische Punkte angesprochen hatte: wie die Rolle der Frau in der Kirche, die Anerkennung alternativer Partnerschaftsformen und den Dialog mit anderen Religionen. Kardinal Müller, Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation und damit oberster Glaubenshüter der katholischen Weltkirche, wird dies zumindest als Stimmungsbild mit nach Rom genommen haben, wo wenige Tage vor der mit Spannung erwarteten Bischofssynode gleichsam um liberale Positionen gerungen wird.

(RP)
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