Rettung von 65 Menschen Gutachten soll Seilbahn-Panne in Köln klären

Köln · Nach der spektakulären Rettung von 65 Menschen aus 32 Gondeln der Kölner Seilbahn stehen die Ermittlungen noch am Anfang. Bislang kann sich noch niemand erklären, wie es dazu kommen konnte. Die Seilbahn bleibt geschlossen.

Bilder: Kölner Seilbahn steckt fest - Höhenretter im Einsatz
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Höhenretter befreien Fahrgäste aus Seilbahn

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Foto: dpa, mku kno

Nils Weihrauch stand ganz oben auf dem linksrheinischen Pylon der Kölner Zoobrücke neben der verhakten Gondel. Der Höhenretter koordinierte von dort aus den Rettungseinsatz. 65 Menschen mussten aus 32 Gondeln geholt werden. "Mir war schnell klar: Wir brauchen überörtliche Hilfe", sagte der 47-Jährige gestern. "Sechs Kölner waren zuerst im Einsatz, dann haben wir die 22 dazu geholt, die frei hatten, und die Kollegen aus anderen Städten - wir waren dann insgesamt 50 Höhenretter."

Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Menschen, darunter 20 Kinder und Jugendliche, aus den festsitzenden Gondeln zu befreien. Acht Fahrkabinen erreichten die Einsatzkräfte über Drehleitern; zu den anderen mussten die Höhenretter klettern, um die Festsitzenden auf ein Feuerwehrschiff auf dem Rhein abzuseilen. "Nicht jeder steigt bei so einer Rettung freiwillig aus. Da muss man teilweise schon echte Überzeugungsarbeit leisten", sagt Weihrauch. "Aber alle waren wirklich sehr besonnen. Niemand ist in Panik geraten."

Am Tag nach dem Seilbahnnotfall hat die Ursachenforschung begonnen. Wie konnte eine Gondel sich nur derart verkeilen? Das sollen nun ein externer Gutachter und der TÜV Rheinland klären. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hatte den zuständigen Kölner Verkehrsbetrieben erneutes Versagen vorgeworfen. Reker spielte damit auf einen Seilbahn-Unfall aus dem Jahr 2014 an, bei dem eine Familie aus einer Gondel gerettet werden musste.

Automatischer Sicherheitsstopp des gesamten Fahrbetriebs

Der Chef der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Jörn Schwarze, erklärte bei einer Pressekonferenz, dass die Anlage jeden Freitag gewartet werde und auch eine TÜV-Abnahme vor Saisonbeginn stattgefunden habe. Fest steht bislang offenbar nur, dass sich um 15.23 Uhr ein Seil aus bislang unbekannten Gründen um die Fahrkabine gewickelt hat. "Das Serviceseil hat sich an der Aufhängung der Kabine verfangen. Das Seil hat aus der Mitte einen weiten Weg nehmen müssen. Es hat rund 3,5 Meter überwinden müssen, um an der Gondel zu landen. Wie es dort hingekommen ist, wird nun zu klären sein", sagte Schwarz.

Dadurch sei ein automatischer Sicherheitsstopp des gesamten Fahrbetriebs ausgelöst worden. Um 15.26 Uhr sei die Feuerwehr informiert worden. Etwa gegen 16 Uhr seien dann die ersten Rettungskräfte und Höhenretter an der Zoobrücke eingetroffen, die dann sofort mit der Bergung der Insassen begonnen hätten. Das dauerte bis 20.10 Uhr. Eine Spezialfirma habe die verkeilte Gondel dann in der Nacht geborgen.

Die Seilbahn, die 1957 anlässlich der Bundesgartenschau eröffnet wurde und seitdem eine Touristenattraktion ist, bleibe erst einmal außer Betrieb. Wie lange, sei allerdings unklar, so die KVB. Auf jeden Fall aber so lange, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. "Ich muss schließlich vorher jedem Fahrgast erklären können: Was war die Ursache? Das haben wir abgestellt. Und wir sind sicher, dass dieser Fall nicht wieder auftritt", so der KVB-Chef, der sich bei allen Betroffenen entschuldigte. "Für uns war das kein schöner Tag. Ich war heilfroh, als alle wieder auf dem Boden waren."

"Da ruckelte es und alles stand still"

 Denise Gauter saß mit ihrer besten Freundin und deren beiden Kindern, vier und fünf Jahre alt, in einer der Gondeln.

Denise Gauter saß mit ihrer besten Freundin und deren beiden Kindern, vier und fünf Jahre alt, in einer der Gondeln.

Foto: Denise Gauter

In der Gondel, die sich am Stützbalken verhedderte, saß eine vierköpfige Familie (Eltern und zwei Kinder) aus der Schweiz, die in Köln zu Besuch war. Bereits um 13 Uhr habe es gestürmt, sagte der Familienvater nach ihrer Rückkehr dem Schweizer "Tagesanzeiger". Sie hätten vor der Fahrt deshalb noch mit einem Angestellten der KVB darüber gescherzt, dass man die Anlage wegen der Sturmwarnungen schließen müsse. Das Wetter soll aber keine Rolle gespielt haben. Am Sonntagnachmittag habe der Wind laut Schwarze an der Seilbahn mit einer Stärke von zwölf bis 15 Metern pro Sekunde geweht. Der Betrieb müsse erst ab 16 Meter pro Sekunde eingestellt werden. Die Messgeräte befinden sich laut KVB direkt an der Seilbahn.

Höhenretter Nils Weihrauch erklärte, dass die Gondel mit der Schweizer Familie zunächst Priorität gehabt habe. "Wir haben die Kabine erst einmal gesichert, damit da nichts passieren konnte, und haben dann die Familie rausgeholt, die zum Glück unverletzt war", sagte er. Die Familie sei sehr besonnen gewesen. Die Eltern hätten es geschafft, Ruhe zu bewahren. "Ich selbst stand auf dem Pylon neben der Gondel und habe den Kindern zugewunken, ein bisschen rumgealbert, um sie abzulenken."

Auch Denise Gauter saß in einer der Gondeln. Die 24-Jährige hatte einen Ausflug in den Rheinpark gemacht, mit ihrer besten Freundin und deren beiden Kindern, vier und fünf Jahre alt. Mit der Seilbahn ging es dann am Nachmittag zurück auf die andere Rheinseite. "Wir waren schon fast an der Station beim Zoo, da ruckelte es plötzlich und alles stand still", sagte die Rechtsanwaltsfachangestellte. "Wir mussten vor allem wegen der Kinder versuchen, die Nerven zu behalten. Nach einer Stunde wurden wir über eine Drehleiter gerettet. Da waren die Kinder dann mutiger als ich, der Vierjährige wollte am liebsten gleich nochmal auf die Drehleiter."

Johannes Feyrer von der Feuerwehr Köln leitete den Gesamteinsatz. So eine Höhenrettung habe es bundesweit noch nicht gegeben, sagte er. "Wir haben es bis in die New York Times geschafft, und kanadische Feuerwehrleute haben uns gratuliert - das zeigt die Dimension des Einsatzes", sagte Feyrer. Betroffene, Kollegen, aber auch viele Unbeteiligte gratulierten den Rettungskräften für ihren Einsatz. "Auch die Menschen, die den Einsatz beobachtet haben, haben am Ende applaudiert. Das hat uns sehr gefreut. So etwas ist eine schöne Anerkennung für uns."

(hsr / csh)
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