Krankenpfleger in Köln vor Gericht "Wie kann man eine Witwe so ausnehmen?"

Ein Krankenpfleger ist vor dem Kölner Amtsgericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Er hat einer 78-Jährigen Goldschmuck abgeschwatzt und ihn nie zurückgegeben. Es ist nicht seine erste Verurteilung.

 Das Kölner Justizgebäude

Das Kölner Justizgebäude

Foto: dpa, Federico Gambarini

Die Vorwürfe gegen den 45 Jahre alten Krankenpfleger Ralf P. (Namen geändert) waren ursprünglich noch sehr viel schwerer: Er war angeklagt, der 78-jährigen Gerda H., deren Mann er gepflegt hat, mehr als 200.000 Euro abgenommen zu haben. Doch das Verfahren wegen Betrugs und Erpressung musste in vielen Punkten eingestellt werden, weil die Beweise nicht ausreichten. Über einen Zeitraum von fünf Jahren soll er sich immer wieder große Summen von der Seniorin geliehen und nur kleine Summen zurückgezahlt haben.

Gerda H. tritt am Mittwoch in den Zeugenstand und sagt: "Er wollte immer Geld." Ihr Mann sei zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen. "Er hat mir damit gedroht, mich entmündigen zu lassen wegen angeblicher Demenz." Sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt und ihm immer wieder Geld gegeben. "Ich kann nicht verstehen, wie ein Mensch eine Witwe so ausnehmen kann."

Sie hat einen Schuldschein dabei, auf dem die Schmuckstücke notiert sind, die sie dem Angeklagten überlassen hat — er wollte sie angeblich schätzen lassen. "Ich vermute, er hat den Schmuck gleich verkauft", sagt die Zeugin. Ihr Mann habe ihr den Ring und die Kette mit Anhänger geschenkt, 40 Jahre habe sie alles gern getragen.

Der Angeklagte schweigt und meidet den Blickkontakt zu Gerda H., die immer wieder versucht, ihn direkt anzusprechen. 20 Vorstrafen hat der 45-Jährige wegen ähnlicher Delikte: Immer ging es um Diebstahl, Veruntreuung, Betrug oder Unterschlagung. Ein Grund dafür, dass der Amtsrichter keine Milde mehr walten lässt.

Er verurteilt Ralf P. zu einer einjährigen Haftstrafe — ohne Bewährung. "Was Sie getan haben, ist allerunterste Schublade", sagt er zum Angeklagten. Ralf P. arbeitet nach wie vor als Krankenpfleger.

(hsr)
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