Straßenfest Kölner feiern die Ehe für alle - "Endlich nicht mehr zweite Klasse"

Köln · Köln gilt als Hauptstadt der Schwulen und Lesben. Kein Wunder, dass in der Domstadt die Eheöffnung besonders gefeiert wird. Der erste Heiratsantrag ist schon geplant.

Vor der Kulisse des Doms und der Kirche Groß St. Martin kleidet sich Köln in eine Regenbogenfahne.

Vor der Kulisse des Doms und der Kirche Groß St. Martin kleidet sich Köln in eine Regenbogenfahne.

Foto: dpa, obe sab

Plötzlich muss alles ganz schnell gehen. An einem Nachmittag ist sonst wenig los in dem Kölner Ausgehviertel, das besonders viele Lesben und Schwule anzieht. Doch jetzt herrscht wildes Durcheinander. Die schwul-lesbische Szene soll noch bunter werden. Girlanden in Regenbogenfarben sind bereits über die Straße gespannt, goldene, silberne und pinke Luftballons schmücken den Außenbereich. Die Community will an diesem Freitag einfach nur feiern - feiern, dass der Bundestag die Ehe für alle beschlossen hat.

"Am Mittwoch haben wir uns überlegt, dass wir eine große Party organisieren wollen", erklärt Uwe Weiler, Vorstand vom Kölner Lesben- und Schwulentag (Klust). Alle Wirte haben sich zusammengetan, um die "Hochzeitsnacht" zu feiern. "Ganz ehemäßig" wollen sie "das Kölsch nur im Paar herausgeben".

Kölsch nur im Paar

Außerdem konnten die Organisatoren kurzfristig die Schlagersängerin Michelle als Stargast gewinnen. Die Drag-Künstlerin und Eurovision-Gewinnerin Conchita Wurst sendet eine Videobotschaft, genau wie Volker Beck von den Grünen. Der Politiker, der seinen Wahlkreis in Köln hat, ist maßgeblich an der Öffnung der Ehe beteiligt.

 Der Landesvorsitzende der Grünen in NRW, Sven Lehmann (r.) feiert in Köln vor dem Rathaus mit Parteimitgliedern die Entscheidung des Bundestages über die "Ehe für alle".

Der Landesvorsitzende der Grünen in NRW, Sven Lehmann (r.) feiert in Köln vor dem Rathaus mit Parteimitgliedern die Entscheidung des Bundestages über die "Ehe für alle".

Foto: dpa, obe

Becks Parteikollegen lassen derweil am Kölner Rathaus die Sektkorken knallen. Die Ortsgruppe der Grünen hat zum "Sturm aufs Standesamt" geladen. Landesvorstandsmitglied Sven Lehmann spricht von einem "riesengroßen Feiertag", einem "Sieg für die offene Gesellschaft" und stößt an "auf die Liebe!". Er und seine Parteifreunde verteilen Regenbogenflaggen, Regenbogenschminke, es fliegen Konfetti und Seifenblasen.

"Endlich nicht mehr zweite Klasse"

In Feierlaune ist auch Marc. Der 19-Jährige feiert die Öffnung der Ehe mit seinem Freund. "Heute sehen wir endlich, dass Homosexuelle nicht mehr als Paare zweiter Klasse behandelt werden. Aber es kann und darf noch nicht das Ende sein", sagt der Student.

Das ist der Tenor von vielen, die sich über die Eheöffnung freuen. Die historische Entscheidung soll gefeiert werden, aber damit hat die nicht-heterosexuelle Community noch nicht alles erreicht, wird betont. "Wir wollen eine wirkliche Gleichstellung in der Gesellschaft. Was Diskriminierungen angeht, ist noch viel zu tun", sagt Weiler.

Er geht davon aus, dass es am Abend "bumsvoll" wird. Köln gilt immerhin als heimliche deutsche Hauptstadt der Homosexuellen. Weil am kommenden Wochenende der Christopher Street Day stattfindet - der größte in Europa -, seien zudem bereits viele internationale Gäste in der Stadt, erklärt Elke Kirschner, Wirtin im "Ruhrpott". "Es wird ziemlich wild, so wie ich meine Mädels und Jungs kenne." Ein Gast hat ihr sogar an diesem Morgen verraten, dass er seinem Partner am Freitagabend einen Heiratsantrag machen möchte. Einen echten - und keinen Lebenspartnerschaftsantrag.

(siev/lnw)
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