Drogenprozess am Kölner Landgericht Koksverkauf im Schichtwechsel am Kölnberg

Köln · Drei Männer und eine Frau müssen sich wegen bandenmäßigen Drogenhandels vor dem Kölner Landgericht verantworten. Sie sollen jahrelang Kokain und Heroin in der Siedlung "Am Kölnberg" verkauft haben.

Die Siedlung "Auf dem Kölnberg" in Köln-Meschenich
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Foto: dpa

Breitbeinig stapft Mario K. hinter einem Justizbeamten in Saal 2 des Kölner Landgerichts. Als der stämmige 45-Jährige die Fotografen sieht und all seine Verwandten, die den kompletten Zuschauerbereich füllen, reißt er die Arme hoch und zeigt mit beiden Händen Victory-Zeichen. "Ich hab doch nichts gemacht!" ruft er und lacht. Und die Show ist noch nicht zu Ende. Eine Verwandte lässt ein kleines Mädchen zur Anklagebank rennen, wo es seinen Vater umarmen will, den zweiten Angeklagten Daniel K. (29).

Der Vorsitzende Richter gewährt fünf Minuten Zeit für eine Begrüßung der Kinder. Nacheinander heben die Mütter die Kleinen über die Zuschauerbänke. Vorne im Saal werden sie gedrückt und abgeküsst von Vater Daniel K. oder Oma Gisa K. Die 45-Jährige ist die dritte Angeklagte, Hamdi H. (27) der Vierte.

Alle vier sollen zwischen Juni 2012 und Januar 2016 in der Hochhaussiedlung "Am Kölnberg" in Köln-Meschenich einen Großhandel mit Kokain, Heroin und Marihuana betrieben haben. Gemeinsam mit einigen anderen, die entweder schon verurteilt wurden oder deren Verfahren noch anstehen. Chef der Bande und Haupttäter soll Mario K. gewesen sein. Neben seiner Partnerin Gisa K., seinem Neffen Daniel K. und Hamdi H., der ebenfalls weitläufig zur Verwandtschaft gehört, waren im Januar 2016 elf weitere mutmaßliche Mitglieder der Bande festgenommen worden. Sie alle gehören einer Großfamilie an.

 Der Angeklagte Daniel K. (M.) mit seinen Verteidigern Bernhard Scholz (r.) und Daniela Kütt am Donnerstag vor dem Landgericht.

Der Angeklagte Daniel K. (M.) mit seinen Verteidigern Bernhard Scholz (r.) und Daniela Kütt am Donnerstag vor dem Landgericht.

Foto: Hauser

Die Staatsanwältin reiht beim Verlesen der Anklage eine Stunde lang eine Tat an die nächste. Es geht um mehr als 100 Fälle. Die Angeklagten sollen von zwei Wohnungen aus, Appartement 404 und 409, die Geschäfte abgewickelt haben. Eine Wohnung diente als Drogenbunker, in der anderen wurden die Drogen verkauft. Mario K. soll seine Leute in einen Schichtdienst eingeteilt haben, einer war als "Läufer" für das Abholen der Päckchen im Appartement zuständig, andere schafften die Drogen aus Holland nach Deutschland oder waren für den Verkauf in der zweiten Wohnung zuständig. Ein Gramm Heroin, das Mario K. für 15 Euro eingekauft haben soll, wurde etwa für 50 Euro weiterverkauft. Bei Kokain war der Gewinn noch höher: Für 35 Euro eingekauft, wurde es grammweise für 120 Euro weitergegeben.

Die Bande soll Heroin und Kokain im deutlich zweistelligen Kilobereich verkauft und damit Millioneneinnahmen erzielt haben. Mario K. soll den kompletten Handel in Meschenich kontrolliert haben. Die Hochhaussiedlung ist ein sozialer Brennpunkt. Mario K. soll seine Verkäufer, die oft selbst abhängig waren, lückenlos überwacht und kontrolliert haben.

Bei der Großrazzia hatten 400 Polizeibeamte im Januar 2016 mehr als 50 Wohnungen durchsucht, nicht nur am Kölnberg, sondern auch in Bonn, Euskirchen und dem Rhein-Erft-Kreis.

Die vier Angeklagten schweigen zu den Vorwürfen. Dem Haupttäter droht eine Freiheitsstrafe im zweistelligen Bereich. Ein Urteil wird am 29. März erwartet.

(hsr)
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