Randale bei Kurden-Demo in Köln Polizei mit Flaschen, Bengalos und Steinen beworfen

Köln · Etwa 25.000 Alewiten und Kurden haben am Samstag in Köln gegen den türkischen Präsidenten Erdogan demonstriert. Außerhalb des Geländes kam es zu Zusammenstößen mehrerer hundert junger Kurden mit der Polizei, ein Mann wurde in Gewahrsam genommen.

Köln: Demonstration von Kurden und Aleviten gegen Erdogan
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Kurden und Aleviten demonstrieren in Köln

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Foto: dpa, obe tba

Aus einer Gruppe von etwa 400 jungen Kurden, zu denen sich mehrere Personen aus dem linksautonomen Spektrum gesellt hatten, wurde die Polizei mit Flaschen, Bengalos und Steinen beworfen. Die Beamten setzten Schlagstöcke ein und riefen auch einen Wasserwerfer hinzu. Dieser wurde aber nicht eingesetzt. Wegen des Wasserwerfers musste allerdings zeitweise der Strom auf der Oberleitung abgestellt werden, weshalb zwischen Neumarkt und Deutzer Bahnhof zeitweise keine Bahnen fuhren.

Die Polizei kesselte die Gruppe auf dem Ottoplatz ein und nahm Personalien auf. Wenig später wollten etwa 150 Kurden die Polizeikette durchbrechen, um zu der eingekesselten Gruppe zu gelangen. Eine Polizistin wurde laut Polizeisprecher verletzt. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Sechs Menschen wurden mit auf das Polizeipräsidium genommen. Ob sie in Gewahrsam bleiben müssen, ist noch unklar. Die sehr große Mehrheit der Teilnehmer verhielt sich indes friedlich.

Gegen 14.45 Uhr wurde die Demonstration außerdem kurzzeitig durch den Veranstalter unterbrochen. Auf dem Glände waren viele Anhänger der PKK, die Fahnen mit dem Bild von Abdullah Öcalan, des inhaftierten Führers der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei, schwenkten. Der Veranstalter ließ die Veranstaltung unterbrechen und wies über Lautsprecher darauf hin, dass es sich um eine alevitische Veranstaltung handele und er darum bitte, die Plakate abzulegen.

25.000 Demonstranten vor Ort

30.000 Teilnehmer wurden erwartet, am späten Nachmittag waren etwa 25.000 auf der Deutzer Werft. Ihr Protest richtet sich gegen die aktuelle politische Situation in der Türkei. Weil der Veranstalter später kam, war der Beginn der Kundgebung von 12 auf 13 Uhr verschoben worden.

Die Redner der Kundgebung warfen Erdogan vor, in der Türkei eine Diktatur zu errichten. Die Bundesregierung und die Europäische Union wurden aufgefordert, endlich zu handeln. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, forderte mehr internationale Solidarität. "Viele Kolleginnen und Kollegen, die ich in den Redaktionen verschiedener Zeitungen, Radiosender, Fernsehsender in den vergangenen Monaten in der Türkei besucht habe, sind heute entweder arbeitslos oder im Gefängnis", sagte er.

"Erdogans Einfluss wächst von Tag zu Tag"

Der Einfluss von Erdogans Partei AKP unter den türkischen Migranten in Deutschland wachse von Tag zu Tag, kritisierte die Alewitische Gemeinde Deutschlands: "Durch regierungsnahe türkische Institutionen wie die UETD wird hier eine Parallelgesellschaft geschaffen, die es zu überwinden gilt."

Bülent Bilgi, der Generalsekretär der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), wies diesen Vorwurf als "Unverschämtheit" zurück. Die UETD arbeite gerade im Gegenteil dafür, dass keine Parallelgesellschaften entstünden. Bilgi sagte der Deutschen Presse-Agentur, es habe in den vergangenen Monaten in Deutschland Angriffe auf neun UETD-Filialen gegeben. "Wir sind die Opfer", betonte er.

Am vergangenen Samstag hatten in Köln bereits etwa 6500 Kurden gegen die Festnahme führender kurdischer Politiker in der Türkei demonstriert - mit Transparenten wie "Terrorist Erdogan" und "Erdogan Faschist".

Die Aleviten sind in der Türkei mit schätzungsweise 20 Millionen Gläubigen nach den Sunniten die zweitgrößte islamische Religionsgemeinschaft. Zu der Demonstration teilte die Alevitische Gemeinde Deutschland mit: "Wir möchten ein klares Zeichen setzen für ein friedliches Zusammenleben aller ethnischen und religiösen Gruppen in Europa und der Türkei."

Seit 16 Uhr befinden sich nur noch etwa 2000 Menschen auf dem Gelände. Der Rückreiseverkehr ist im vollen Gange, wie unsere Kollegin von vor Ort berichtet.

Durch den Anreise- und Abreiseverkehr kam es in den Stadtteilen Deutz und Poll zu Verkehrsbeeinträchtigungen. Gegen 14 Uhr sperrte die Polizei die Siegburger Straße ab Deutzer Brücke für den Verkehr.

Die Stadt richtete Halteverbotszonen ein: Auf der Siegburger Straße zwischen Deutzer Brücke und Tempelstraße, an der Alfred-Schütte-Allee zwischen Siegburger Straße und Am Schnellert.

Die Polizei Köln schaltet am Freitag, 11. November, von 9 bis 17 Uhr und am Samstag ab 9 Uhr bis Einsatzende ein Bürgertelefon unter der Nummer 0221 / 229 - 7777.

(hsr /felt)
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