Silvesternacht Nordafrikaner wollten in Köln "abhängen"

Düsseldorf/Köln · Warum kamen an Silvester schon wieder so viele junge Maghrebiner nach Köln? Die Polizei konnte vielen von ihnen offenbar einen Platzverweis aussprechen, weil die Besucher nicht darlegen konnten, was sie in der Stadt vorhatten.

 Am Kölner Hauptbahnhof darf jeder, der sich dort aufhält, von der Polizei kontrolliert werden.

Am Kölner Hauptbahnhof darf jeder, der sich dort aufhält, von der Polizei kontrolliert werden.

Foto: Arton Krasniqi

Der Kölner Hauptbahnhof wird seit vielen Jahren von der Polizei als gefährlicher Ort eingestuft. Deshalb dürfen die Beamten in dem Bereich immer ereignisunabhängig kontrollieren. "Das heißt, die Polizei darf jeden, der sich dort aufhält, nach seinen Papieren fragen", sagt Oliver Huth, stellvertretender Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. "In der Silvesternacht haben wir wegen der Vielzahl verdächtiger Personen Gruppenkontrollen durchgeführt", sagt Huth. Dafür musste die Kölner Polizei 200 zusätzliche Kräfte anfordern.

Bei den Überprüfungen wurde nach den Ausweispapieren oder anderen Dokumenten gefragt, mit denen sich die jeweiligen Personen ausweisen konnten. Die Beamten überprüften dann in ihren Datenbänken, ob gegen die Person etwas vorliegt - etwa ein Haftbefehl. Die Betroffenen mussten die Fragen der Polizei beantworten und Auskunft geben, woher sie kommen und was sie in Köln vorhaben. "In der Silvesternacht gaben einige an, nur am Bahnhof abhängen zu wollen. Das ist zwar nicht verboten, reicht aber in der Gesamtschau der Ereignisse aus dem letzten Jahr zusammen mit anderen Indizien wie festgestelltem Alkohol- oder Drogenkonsum aus, einen Platzverweis auszusprechen", erklärt Huth. Es sei zu befürchten gewesen, dass diese Personen Straftaten begehen.

Aggressives Verhalten vieler junger Männer

Diese Einschätzung habe die Polizei vor allem aus dem aggressiven Verhalten vieler junger Männer abgeleitet, die an dem Abend in Gruppen unterwegs waren. "Sie haben sich exponiert verhalten und auf andere Menschen keine Rücksicht genommen", so Huth. Sie hätten beispielsweise gezielt Augenkontakt zu anderen männlichen Personen gesucht. "Wird dieser aufdringliche Kontakt erwidert, gehen sie auf ihr Opfer zu, bedrängen es und kesseln es ein", betont der leitende Kriminalbeamte. "Man kann als Opfer dagegen dann kaum noch was machen."

Einige der kontrollierten Nordafrikaner hatten in der Silvesternacht zudem keine Ausweispapiere dabei, was die Arbeit der Polizei erschwerte. Auch deshalb fordert Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD), dass Flüchtlinge, die sich nicht ausweisen können, stärker zur Mithilfe bei der Klärung ihrer Identität verpflichtet werden. "Man kann auf einer Flucht seinen Pass verlieren, aber dass Tausende Flüchtlinge ihren Pass verloren haben, ihr Handy oder ihr Portemonnaie nur nicht, ist dann doch etwas ungewöhnlich. Wer nicht beweisen kann, woher er kommt, der muss zur Mithilfe gezwungen werden - notfalls mit strengeren Meldeauflagen oder Leistungskürzungen."

Hälfte der Flüchtlinge aus Maghreb-Staaten

Seit Mitte vergangenen Jahres werden Asylsuchende aus den Maghrebstaaten nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Für Nordrhein-Westfalen bedeutet dies eine Aufnahmequote von rund 21 Prozent. Zuvor hatte das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) einen Großteil der Flüchtlinge aus Nordafrika NRW zugewiesen. Der Grund war, dass sich hier in der Außenstelle des Bamf die auf Nordafrika spezialisierten Dolmetscher und Prüfer befanden. 2015 kamen 13.244 von insgesamt 24.000 Marokkanern und Algeriern nach Nordrhein-Westfalen; in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres war es mit 3450 knapp die Hälfte der Flüchtlinge aus den Staaten des Maghreb.

Nach den Ereignissen in der Silvesternacht 2015 hatte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Februar vorigen Jahres in Berlin gegen die bis dahin geltende Verteilung protestiert und immerhin erreicht, dass einige Monate später der Königsteiner Schlüssel angewendet wurde, der die Zuteilung nach der Steuerkraft und Einwohnerzahl der einzelnen Länder regelt. Seither hat die Zahl der zugewiesenen nordafrikanischen Asylbewerber drastisch abgenommen. So kamen im Oktober beispielsweise lediglich 43 Algerier nach NRW.

Das sagt die Presse zum Vorgehen der Polizei in Köln
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Foto: dpa, hka fdt

Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden gibt es mehrere Gründe, wieso an Silvester trotz des massiven Polizeiaufgebots so viele Nordafrikaner nach Köln und Düsseldorf kamen. Ein Hauptgrund sei gewesen, dass in beiden Städten an Silvester viele Menschen unterwegs sind. "Diese Gelegenheit wollen sich auch Taschendiebe nicht entgehen lassen, zumal sie ihr Diebesgut noch vor Ort und zeitnah in bekannten Hehlerkreisen absetzen und zu Geld machen können", so Huth. Es gebe in Großstädten wie Köln ein besonders enges Hehlernetz. "Die Diebe reisen also meistens nicht mit den gestohlenen Gegenständen, sondern mit viel Bargeld wieder ab."

Nordafrikaner sind gut vernetzt

Sowohl Bundes- als auch Landespolizei sollen nach Informationen unserer Redaktion im Vorfeld Kenntnisse darüber gehabt haben, dass an Silvester erneut eine "gewisse Anzahl" Nordafrikaner nach Köln fahren würde. "Sie sind untereinander extrem gut vernetzt. In kleinen Gruppen verabreden sie sich in den sozialen Netzwerken. Aus einer Gruppe werden dann schnell zehn Gruppen, die zusammengenommen eine große Menge ergeben", erklärt ein Ermittler der Bundespolizei. "Die Nordafrikaner zieht es nach Köln und Düsseldorf, weil sie dort Anlaufpunkte haben, Landsleute, die dort leben, wie etwa im Maghrebviertel." Man habe gewusst, dass viele von ihnen mit der Bahn anreisen würden. Deshalb seien in den Zügen in Richtung Köln und Düsseldorf auch viele Polizisten gewesen - vor allem in zivil. "Wir haben die Kollegen am Bahnhof darüber informiert, wenn uns in den Zügen verdächtige Gruppen aufgefallen sind", erklärte ein Polizist.

(RP)
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