Kölner Silvesternacht NRW-Innenministerium wollte Übergriffe angeblich vertuschen

Köln · Neue Vorwürfe im Zusammenhang mit den Übergriffen der Kölner Silvesternacht: Einem Medienbericht zufolge soll das nordrhein-westfälische Innenministerium am Neujahrstag versucht haben, die Übergriffe zu vertuschen und zu verharmlosen.

Chronik der Übergriffe in Köln: Die Ereignisse rund um die Silvesternacht
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Die Ereignisse rund um die Silvesternacht in Köln

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Foto: dpa/Markus Boehm

Wie der "Express" berichtet, wollte das Innenministerium offenbar telefonisch erreichen, dass die Kölner Polizei eine sogenannte "WE-Meldung" umformuliert. "Wichtiges-Ereignis"-Meldungen fassen polizeiliche Inhalte höchster Brisanz zusammen und richten sich an die obersten Führungsebenen des Polizeiapparates und des Innenministeriums.

In der "WE-Meldung" war laut der Zeitung unter anderem von einer Vergewaltigung in der Kölner Silvesternacht die Rede. Danach soll die Kölner Polizei einen Anruf aus dem Polizeiapparat erhalten haben. Der Anrufer habe sich auf einen "Wunsch aus dem Ministerium" berufen, man möge die Meldung stornieren oder zumindest den Begriff "Vergewaltigung" streichen.

Die Kölner Polizei hat sich laut dem Bericht geweigert. Am 10. Januar soll Kripo-Vize-Chefin Heidemarie Wiehler ranghohen Ministerialbeamten von dem Manipulationsversuch berichtet haben. Einen Tag später beschäftigte sich erstmals der Innenausschuss des Landtages mit der Silvesternacht. In der Sitzung habe Innenminister Ralf Jäger (SPD) den Vorgang mit keinem Wort erwähnt und im Gegenteil gefordert, es dürfe nun "keine Tabus bei unbequemen Fragen oder politisch brisanten Antworten geben".

Der CDU-Innenpolitiker im Düsseldorfer Landtag, Gregor Golland, forderte inzwischen Jägers Rücktritt. Golland sagte gegenüber unser Redaktion: "Offenbar wollten ranghohe Beamte unter der Aufsicht von NRW-Innenminister Ralf Jäger das Ausmaß der sexuellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht in offiziellen Berichten verharmlosen. Wenn die entsprechenden Medienberichte zutreffen, waren auch Führungskräfte aus dem direkten Umfeld von Jäger über diesen Vertuschungsversuch informiert. Ein Innenminister, der solche Vorgänge nicht verhindern kann oder sie sogar duldet, ist nicht mehr tragbar. Ralf Jäger muss zurücktreten."

Auch die FDP-Fraktion im Landtag zählte Innenminister Jäger an. So sagte der innenpolitische Sprecher Marc Lürbke unserer Redaktion: "Die morgige Sitzung des NRW-Innenausschusses ist die letzte Chance für Jäger, den Vorwurf des Versuchs der vorsätzlichen Manipulation von Polizeiberichten durch sein Ministerium zu entkräften und selbst die Initiative für die Aufklärung dieser Ungeheuerlichkeiten zu übernehmen. Falls nicht, wird der Parlamentarische Untersuchungsausschuss diese Aufgabe übernehmen müssen."

Ina Scharrenbach, die Sprecherin der CDU-Fraktion im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Silvesternacht, veröffentlichte ein schriftliches Statement zu dem Medienbericht. "Dass all diese Zusammenhänge erst drei Monate nach der Silvesternacht und nur durch Presserecherchen ans Licht gekommen sind, zerstört auch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit des Innenministers", heißt es darin. "Es erschüttert zudem einmal mehr das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik der Landesregierung."

(tor)
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