Prozess um Nagelbombenanschlag NSU-Opfer vermutete schon 2004 rechtsradikale Täter

Köln/München · Die Ermittlungen im Fall des Kölner Nagelbombenanschlags sollen lange in die falsche Richtung gelaufen sein. Im Münchner NSU-Prozess hat nun ein weiteres Opfer aus Köln das damalige Vorgehen der Polizei in Frage gestellt.

 Eine Tasche mit der Aufschrift "Köln" steht vor einem Plakat mit der Aufschrift "Keupstraße ist überall", das vor dem Oberlandesgericht in München angebracht ist.

Eine Tasche mit der Aufschrift "Köln" steht vor einem Plakat mit der Aufschrift "Keupstraße ist überall", das vor dem Oberlandesgericht in München angebracht ist.

Foto: dpa, geb kno

Ali Y. bestätigte am Donnerstag vor dem Münchner Oberlandesgericht, dass er den Ermittlern 2004 explizit von seiner These berichtet habe, dass die Tat einen "rechtsradikalen Hintergrund" haben müsse. Der oder die Täter hätten eher das Zusammenleben der Türken dort stören wollen, sagte Ali Y. damals laut Protokoll. Vor Gericht betonte der 45-Jährige: "Ich sagte von vornherein, es kann keiner von unserer Straße gewesen sein."

Die Ermittlungen liefen dagegen lange in die falsche Richtung. Die Polizei vermutete eher einen kriminellen Hintergrund. Opfer wurden verdächtigt, mussten Fingerabdrücke und Speichelproben abgeben. Ein weiterer Zeuge hatte bereits am Dienstag von seiner Vermutung berichtet, dass da wohl "Ausländerhasser" am Werk gewesen seien.

Bei dem Anschlag am 9. Juni 2004 waren 22 Menschen verletzt worden. Der mit mindestens 702 Zimmermannsnägeln bestückte Sprengsatz war vor einem Friseursalon in der von türkischen Migranten geprägten Keupstraße explodiert. Der Anschlag wird inzwischen - neben zehn Morden - dem "Nationalsozialistischen Untergrund" angelastet. Die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen die Bombe, verpackt auf einem Fahrrad, deponiert haben. Beate Zschäpe, einzige Überlebende des NSU-Trios, steht als Mittäterin vor Gericht.

(lnw)
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