Pro-Erdogan-Demonstration in Köln Ein Meer aus roten Fahnen an der Deutzer Werft

Köln · Bis zu 40.000 Menschen haben am Sonntag in Köln ihre Unterstützung für den türkischen Staatspräsidenten bekundet. Auch Symbole der Ultranationalisten waren zu sehen. Die befürchtete Gewalt blieb aus.

Pro-Erdogan-Demo in Köln: Bis zu 30.000 Teilnehmer
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Pro-Erdogan-Demonstration in Köln

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Ohne größere Zwischenfälle ist in Köln die Großdemonstration verlaufen, die nach dem gescheiterten Putsch als Zuspruch für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gedacht war. Die Polizei ging von bis zu 40.000 Teilnehmern aus — ein Drittel mehr als erwartet. "Das Gelände war mehr als ausgelastet", sagte eine Polizeisprecherin. Aus der Menge ertönten die Rufe "Allahu akbar" ("Allah ist groß") und "Türkei über alles". Auch wurden Forderungen laut, in der Türkei die Todesstrafe wiedereinzuführen. Die Deutzer Werft war in ein rotes Fahnenmeer getaucht; zu sehen waren auch Flaggen der ultrarechten türkischen "Grauen Wölfe".

Pro NRW und "Köln gegen Rechts": Demos in Köln
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Pro NRW und "Köln gegen Rechts": Demos in Köln

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Parallel dazu gab es in Köln Demonstrationen von Erdogan-Gegnern. Die Polizei löste eine Kundgebung der rechtsgerichteten Gruppe "Pro NRW" auf, unter die sich Hooligans gemischt hatten. Wie die Polizei mitteilte, seien die Hooligans mehrheitlich stark alkoholisiert und aggressiv gewesen. Insgesamt waren 2850 Polizeikräfte im Einsatz. Auf Unverständnis stieß, dass nahe dem Hauptbahnhof Dreharbeiten für die RTL-Actionserie "Cobra 11" genehmigt worden waren. Angekündigte "Knallereien" fanden dann aber doch nicht statt.

Zum Aufzug des Bündnisses "Köln gegen Rechts" kamen laut Polizei rund 700 Teilnehmer, darunter rund 150 Angehörige der örtlichen linksautonomen Szene. Eine Anmeldung zur Standkundgebung "ErdoWahn stoppen" von Jungliberalen, Jungsozialisten, der Linksjugend und der Grünen Jugend auf dem Heumarkt habe dagegen kaum Resonanz erlangt: Statt 1500 angemeldeten Teilnehmern seien nur rund 250 vor Ort gewesen.

Zu Beginn der Großdemonstration hatten die Teilnehmer die deutsche und die türkische Nationalhymne gesungen. In einer Schweigeminute wurde der 270 Menschen gedacht, die bei dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli ums Leben gekommen waren. Die Gedenkminute galt auch den Opfern der jüngsten Terroranschläge in Frankreich und Deutschland.

Die Veranstaltung wurde live in die Türkei übertragen. Eigentlich sollte Erdogan zugeschaltet werden, doch dies hatten deutsche Gerichte untersagt. Liveübertragungen ausländischer Politiker seien nicht durch die hierzulande geltende Versammlungsfreiheit gedeckt, hieß es. Das von der "Union Europäisch-Türkischer Demokraten" als Veranstalter angerufene Bundesverfassungsgericht hatte das bestätigt. Die Großbildwände durften demnach nur verwendet werden, um anwesende Politiker groß zu zeigen. Laut Polizei wurde gegen 13.30 Uhr entgegen der Auflagen über die Videoleinwand ein Interview aus der Türkei eingespielt. Die Übertragung wurde jedoch durch die Beamten abgeschaltet mit dem Hinweis, sich an die Auflagen zu halten.

Pressestimmen zur Pro-Erdogan-Demo in Köln
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"Der Preis, den die Demokratie zahlen muss"

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Ein Sprecher Erdogans bezeichnete das als inakzeptabel. Man frage sich, was der "wahre Grund" sei, dass die Behörden eine Ansprache des Präsidenten verhinderten. Auch der türkische Sportminister Akif Kiliç, der in Köln auftrat, kritisierte, dass Erdogan nicht zugeschaltet werden durfte. Man sei mit Ministerien in Deutschland im Gespräch und erwarte eine "vernünftige Erklärung", sagte Kiliç auf Türkisch. Er betonte, es sei wichtig, "dass wir unsere Einheit nach außen zeigen".

Debatte um Verhältnis der Deutschtürken zur Bundesrepublik

Erdogan, der sich am Abend für den Zuspruch aus Deutschland bedankte, geht in der Türkei mit harter Hand gegen tatsächliche und vermutete Gegner vor. Er macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Dessen Anhänger sehen sich auch in NRW zum Teil massiv unter Druck gesetzt.

Die Debatte um das Verhältnis der Deutschtürken zur Bundesrepublik geht unterdessen weiter. Die Kölner Demonstration zeige, dass das Band zwischen der Türkei und den in Deutschland lebenden Türkischstämmigen immer noch sehr eng sei, sagte Erdogan in seinem Grußwort. NRW-Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) sagte, die Deutschtürken seien "fester Teil unserer Gesellschaft. Die ganz große Mehrheit fühlt sich in NRW zu Hause."

Die Forderung aus der CDU, den Zugang zur doppelten Staatsbürgerschaft zu erschweren, stößt auf Zustimmung bei der CSU: "Wir haben eine generelle doppelte Staatsbürgerschaft immer abgelehnt, weil sie nicht zu mehr, sondern zu weniger Integration führt", sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

Mehr zum gescheiterten Putschversuch in der Türkei und den Folgen lesen Sie in unserem Dossier.

(csh)
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