Verfassungsgericht Keine Live-Schalten mit türkischen Politikern bei Erdogan-Demo in Köln

Köln/Karlsruhe · Bei der Pro-Erdogan-Demonstration am Sonntag in Köln dürfen keine Politiker aus der Türkei live auf eine Großleinwand zugeschaltet werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Samstagabend entschieden.

 Türkische Politiker - auch Präsident Erdogan - dürfen nicht live nach Köln auf eine Großleinwand zugeschaltet werden.

Türkische Politiker - auch Präsident Erdogan - dürfen nicht live nach Köln auf eine Großleinwand zugeschaltet werden.

Foto: dpa, sdt ks tba

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde aus formalen Gründen einstimmig abgelehnt. Die Vollmacht der Rechtsvertreter der Veranstalter entspreche nicht den gesetzlichen Erfordernissen, hieß es.

Im Übrigen hätte eine Verfassungsbeschwerde offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Es sei nicht ersichtlich, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen Grundrechte der Demo-Veranstalter verletzt hätten.

Polizeipräsident Mathies hatte zuvor erklärt, er wolle eine Zuschaltung Erdogans unbedingt verhindern, "um zu vermeiden, dass es zu einer hochemotionalisierten Lage kommt".

In angespannter Atmosphäre erwartet Köln die für Sonntagnachmittag angekündigte Pro-Erdogan-Demonstration mit bis zu 30.000 Teilnehmern. Die Polizei ist nach eigenen Angaben auf gewalttätige Auseinandersetzungen vorbereitet: Sie hat die Zahl der Beamten nochmals aufgestockt - von 2300 auf 2700. Genaue Informationen zu den Demos erfahren Sie hier.

Als Redner bei der Kundgebung wird unter anderem der türkische Sportminister erwartet. Einen geplanten Auftritt des türkischen Außenministers habe er verhindern können, sagte der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies am Samstag.

Nach Angaben der Veranstalter kommen zu der Kundgebung nicht nur Anhänger Erdogans, sondern auch Gegner. Denn das eigentliche Thema sei nicht Erdogan, sondern der vereitelte Militärputsch, betonte der Generalsekretär der mitorganisierenden Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), Bülent Bilgi.

Ein zeitgleich geplanter Demonstrationszug von Rechten quer durch die Kölner Innenstadt darf endgültig stattfinden. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies eine Beschwerde der Polizei dagegen zurück. Hinter dem Demonstrationszug steht unter anderem die rechtsextremistische Splitterpartei Pro NRW. Die Polizei befürchtet Ausschreitungen, doch die Richter sahen dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Eine erste Gegendemo in der Kölner Innenstadt mit etwa 150 Teilnehmern verlief am Samstag friedlich. Redner verurteilten sowohl den Militärputsch als auch Erdogan, der den Umsturzversuch für "antidemokratische Maßnahmen" missbrauche.

Deutsche Politiker äußerten sich kritisch über einen eventuellen Auftritt türkischer Minister oder gar von Erdogan persönlich in Köln. "Es kann nicht sein, dass unsere Parlamentarier die Bundeswehrtruppen in der Türkei nicht besuchen dürfen, aber Erdogan seine Minister zur Demonstration nach Köln schicken will", sagte der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) der "Bild"-Zeitung. FDP-Chef Christian Lindner forderte die Bundesregierung auf, "alle rechtlichen und diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Einreise dieser Politiker zu unterbinden".

Erdogan wiederum kritisierte am Freitagabend in Ankara, den Türken in Deutschland und Österreich werde das Recht zu Protesten verwehrt. Polizeipräsident Mathies wies diesen Vorwurf zurück: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Erdogan hier auch nur ansatzweise Recht hat."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, wies darauf hin, dass Erdogans Medienpräsenz immer mehr zunehme. "Erdogan ist eigentlich in der deutschen Öffentlichkeit inzwischen präsenter als Merkel und Gauck", sagte er dem rbb-Inforadio.

(jco/dpa)
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