Prozess um Tod einer 20-Jährigen "Wir waren mal wirklich glücklich"

Köln · Im Mordprozess gegen den Studenten Steffen M. vor dem Kölner Landgericht wurden die Eltern der Getöteten als Zeugen gehört. Sie haben geschildert, wie sehr sich ihr Leben nach dem Tod der 20-Jährigen verändert hat - und dass sie vieles über die Beziehung ihrer Tochter erst im Prozess erfuhren.

 Der Angeklagte vor Gericht.

Der Angeklagte vor Gericht.

Foto: Claudia Hauser

Als ihre Tochter Ayla an jenem Januarabend nicht wie jeden Freitag um 19.15 Uhr zu Hause war, spürte ihre Mutter Ela (Namen der Zeugen geändert) sofort, dass etwas nicht stimmt. Noch keine Viertelstunde war vergangen, da wurde die 50-Jährige regelrecht panisch. Das schilderte sie am Freitag im Zeugenstand des Kölner Landgerichts. "Ich hab ihr geschrieben: Schatz, wo bist du jetzt? Es kam keine Antwort. Da hab ich sie angerufen, mehr als 20-mal." Ihre Stimme bricht. Wenig später stand sie am 29. Januar 2016 mit ihrer anderen Tochter vor der Bahn-Haltestelle "Autobahn" in Köln-Ostheim und sah die Rettungssanitäter und die vielen Streifenwagen.

Zu dem Zeitpunkt war Ayla schon tot. Umgebracht mit mehr als 30 Messerstichen mutmaßlich von ihrem Ex-Freund Steffen M., der sich nun wegen Mordes verantworten muss. Der 21-jährige Student sitzt an diesem Prozesstag da wie an allen vorigen auch: Die Hände sind unter der Anklagebank verborgen, er blickt starr vor sich auf den Tisch, äußerlich völlig reglos. Ayla H.s Mutter beschreibt, wie sich das Leben der Familie nach dem Tod der 20-jährigen Tochter verändert hat: "Ich kann nicht mehr schlafen, mir keine Bilder ansehen. Unsere Erinnerung ist das Einzige, was uns geblieben ist." Dann schaut sie zum Angeklagten und sagt: "Unser Leben wurde komplett aus der Bahn gerissen — von ihm." Steffen M. blickt nicht auf. "Wir waren mal wirklich glücklich", sagt Ela H..

Ihr Mann, ein selbstständiger Autohändler, kann seit der Tat nicht mehr arbeiten. Der 59-Jährige beschreibt, dass er nur noch mithilfe von Tabletten und Alkohol schlafen kann. "Dabei habe ich früher überhaupt keinen Alkohol getrunken", sagt er.

"Wenn ihr zusammen sein wollt, müsst ihr heiraten"

Ercan H. erinnert sich an einen Abend Anfang Februar 2015, als Steffen M. kurz bei der Familie zu Besuch war. Der Vater kannte den jungen Mann zwar vom Sehen, weil er mit Ayla zur Schule gegangen war. Doch was seine Tochter ihm zu der Zeit erzählte, habe ihn schockiert, wie er sagt. "Sie sagte uns, dass sie mit ihm zusammen sein will."

Was die Eltern nicht wussten: Ihre Tochter war schon seit sechs Jahren fest mit Steffen M. liiert. Beide waren nach der Schule zum Studium nach Aachen gegangen. Für das gläubige Ehepaar stand nicht zur Debatte, dass ihre Älteste in einer Art "Wilder Ehe" leben könnte. "Ich habe zu Steffen gesagt: Wenn ihr zusammen sein wollt, müsst ihr heiraten", erzählt der Vater. Steffen habe gesagt: "Wenn Ayla das will, machen wir das." Der Junge sei auch bereit gewesen, zum Islam zu konvertieren.

Am nächsten Morgen habe Ayla aber gesagt, sie wolle gar nicht heiraten, die Eltern hätten das falsch verstanden. "Ich möchte nur nicht, dass ihr von anderen erfahrt, wenn ich mit Steffen Händchen halte oder ins Kino gehe", habe Ayla gesagt. Darüber seien sie sehr erleichtert gewesen.

Mit Sex-Videos erpresst

Die Wirklichkeit aber sah anders aus. Ayla und Steffen lebten eine ungute Verbindung. Nach vielen Zeugenaussagen wurde im Prozess klar: Der 21-Jährige dominierte und erpresste seine Freundin, mit Sex-Videos, die sie auf seinen Wunsch hin mit anderen Männern drehte. Als sie sich von ihm trennte, tötete er sie. Ein Geständnis legte er nach der Tat bei der Polizei ab. Im Prozess hat er zur Tat noch keine Angaben gemacht.

Ercan H. hatte einmal zu Steffen M. gesagt: "Ich bin froh, dass du auch in Aachen bist, dann kannst du meine Tochter beschützen."

Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt.

(hsr)
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