Tödlicher Streit am Kölner Ebertplatz Angeklagter weist Schuld von sich

Köln · Nach einer tödlichen Messerattacke im Drogenmilieu am Kölner Ebertplatz hat der Prozess gegen einen 25 Jahre alten Mann begonnen. Dessen Anwalt überraschte mit seiner Erklärung.

 Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Mario Geuenich im Kölner Landgericht.

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Mario Geuenich im Kölner Landgericht.

Foto: dpa, mb gfh

Zwei Stunden später als geplant führen Justizbeamte am Donnerstagmorgen den Angeklagten Ahmad T. in Saal 32 des Kölner Landgerichts. Eine Schöffin war nicht erschienen, deshalb musste der Beginn des Totschlags-Prozesses mehrmals verschoben werden. Der 25-jährige Angeklagte verbirgt sein Gesicht hinter einem Blatt Papier, bis die Fotografen den Saal verlassen haben.

Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Ahmad T. am 14. Oktober vergangenen Jahres am Kölner Ebertplatz einen 22-Jährigen mit einem Messer gezielt in die Herzgegend gestochen hat. Der Mann starb noch am Abend im Krankenhaus. Ahmad T. soll zu einer Gruppe von fünf bis sieben nordafrikanischen Drogendealern gehört haben, die das spätere Opfer an jenem Tag zur Rede stellten — er soll Drogen am Ebertplatz verkauft haben, den die Dealer-Gruppe für sich selbst zum Umschlagsplatz erklärt hatte.

Ahmad T. soll den 22-Jährigen, der aus Guinea stammte, zuerst aggressiv angegangen sein. Als ein Streifenwagen stoppte, ließ die Gruppe laut Anklage zunächst von ihm ab, kurze Zeit lief der Streit weiter, die Gruppe soll den 22-Jährigen angegriffen haben, nachdem dieser Ahmad T. mit der Schnalle seines Gürtels am Kopf verletzt hatte. Glasflaschen sollen geflogen sein und Ahmad T. soll schließlich ein Küchenmesser gezogen und auf den Mann eingestochen haben. "Er nahm seinen Tod billigend in Kauf", sagt die Staatsanwältin.

Doch Ahmad T. behauptet am ersten Prozesstag über seinen Verteidiger Mario Geuenich, unschuldig zu sein. "Ein anderer Mann hat die Tat verübt", sagt der Anwalt. Ahmad T. sei vom späteren Opfer "massiv und grundlos" angegriffen worden, habe aber weder ein Küchenmesser noch eine andere Waffe gehabt. Der wahre Täter sei den Ermittlern bekannt, er habe die Tat auch Zeugen gegenüber gestanden und sich dann abgesetzt. Diese angeblichen Zeugen will Geuenich dem Gericht benennen. "Der Angeklagte befindet sich jetzt seit sechs Monaten unschuldig und das erste Mal in seinem Leben in Haft", sagt der Verteidiger. "Er ist nicht der Täter."

Die Staatsanwaltschaft nimmt die Erklärung des Anwalts zur Kenntnis, will aber nicht dazu Stellung nehmen. In seiner ersten Vernehmung bei der Polizei hatte Ahmad T. im Oktober gesagt, er habe nicht mitbekommen, dass jemand bei dem Streit schwer verletzt wurde und gestorben sei. Das sagt eine Polizeibeamtin am Donnerstag im Zeugenstand. Die Rede sei daher auch nicht von einem anderen Täter gewesen.

Ahmad T. hatte Blut des Opfers an seiner Kleidung. "Das ist kein Indiz für seine Täterschaft", sagt sein Anwalt. Es seien zu viele an dem Streit beteiligt gewesen, und T. sei in unmittelbarer Nähe des Opfers gewesen, da er ja von dem 22-Jährigen mit dem Gürtel angegriffen worden sei.

Die Kammer hat bis Mitte August 25 Verhandlungstage angesetzt. Am ersten Tag wirft die Verlobte des Angeklagte ihm beim Rausgehen Kusshände zu und wird vom Vorsitzenden Richter zur Rede gestellt. Als Zeugin, die später im Verfahren gehört werden soll, hätte sie gar nicht im Saal sein dürfen.

Die Tat hatte im Herbst in Köln für großes Aufsehen gesorgt und eine Debatte über die Sicherheit am Ebertplatz entfacht, den Anwohner schon länger gemieden haben, wenn sie konnten. Die Polizei erhöhte ihre Präsenz und führte Hunderte Kontrollen in der Drogenszene durch. Der Platz soll umgebaut werden, allerdings frühestens 2020.

(hsr)
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