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Prozess gegen Kölner Raser Schöffe stellte Raser-Video ins Netz

Köln · Ein Raser-Unfall, bei dem im Frühjahr 2015 eine junge Frau in Köln ums Leben kam, beschäftigt das Gericht erneut. Diesmal drohen den beiden jungen Fahrern Haftstrafen. Doch der Prozess könnte wegen eines Schöffen platzen.

 Die Angeklagten mit ihren Verteidigern Sebastian Schölzel (l.) und Michael Biela-Bätje.

Die Angeklagten mit ihren Verteidigern Sebastian Schölzel (l.) und Michael Biela-Bätje.

Foto: dpa, obe exa

Miriam S. war mit dem Rad von der Uni auf dem Weg nach Hause, als im April 2015 auf dem Auenweg im Kölner Stadtteil Mülheim ein BMW mit mehr als hundert Kilometern pro Stunde in eine Kurve schoss, dicht gefolgt von einem Mercedes. Der damals 22 Jahre alte Erkan F. fuhr den BMW und verlor die Kontrolle, der Wagen schleuderte auf den Radweg und erfasste die 19-jährige Studentin. Drei Tage kämpften Ärzte um ihr Leben. Doch Miriam S. starb.

Erkan F. und Firat M. wurden im April 2016 in Köln wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Nun beschäftigt der Fall erneut das Kölner Landgericht, weil der Bundesgerichtshof das erste Urteil teilweise aufgehoben hat, nachdem die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hatte.

Ein Urteil soll eigentlich noch in diesem Jahr verkündet werden, doch am Ende des ersten Prozesstages deutet einiges daraufhin, dass der Prozess platzen könnte: Am Nachmittag kündigten Staatsanwaltschaft, Verteidiger und Nebenklage-Vertreter an, einen Befangenheitsantrag gegen einen Schöffen zu stellen. Der Grund: der 31-jährige Laienrichter hatte dem Vorsitzenden in der Mittagspause erzählt, dass die Polizei ihn einmal zwecks einer "Gefährderansprache" aufgesucht hatte, weil er ein Raser-Video ins Netz gestellt hat. Er war dabei auch auf Fotos angesprochen worden, die ihn auf Facebook mit getunten Autos zeigen.

Die Kammer wird am 13. Dezember verkünden, wie es nun weitergeht. "Wenn alle den Befangenheitsantrag tatsächlich stellen, hat das Gericht eigentlich keine andere Wahl, als den Schöffen auszuschließen", sagt Rechtsanwalt Sebastian Schölzel, der Erkan F. verteidigt. Sollte das passieren, platzt der Prozess.

Die beiden inzwischen 24 Jahre alten Angeklagten wirkten vor Gericht angespannt, ihnen drohen nun doch Gefängnisstrafen. Ihre Leben gingen weiter nach der Verurteilung im April 2016, sie sollen dem Gericht sagen, was sie inzwischen gemacht haben. Erkan F. erzählt von seinen Konzentrationsstörungen, die er seit dem Unfall hat. Aber er will nicht jammern, "es geht mir einigermaßen", sagt er. Was aus dem Maschinenbau-Studium an der Fachhochschule geworden sei, das er angestrebt hatte, will der Vorsitzende Richter der 3. Großen Strafkammer wissen. F. sagt, dass er immer noch nur an den Unfall denken müsse. Er arbeitet in der Bäckerei seiner Schwester, macht eine Therapie, wie viele Scheine er an der Fachhochschule schon gemacht hat, wisse er nicht.

Sein ehemaliger Kumpel Firat M. hatte im ersten Prozess keine gute Figur gemacht. Es kam heraus, dass er sich nach dem Unfall nur um den Mercedes, der seinem Vater gehörte, gesorgt hatte. Einem Polizeibeamten hatte er gesagt, er solle mit der Sprühkreide aufpassen, die Felgen hätten 3000 Euro gekostet. Eine Verantwortung für den Tod des Mädchens wies er von sich. Stattdessen belastete er Erkan F., nannte dessen Fahrweise einen "Geschwindigkeits-Ausraster", Erkan habe "wie von Sinnen Vollgas gegeben."

Inzwischen scheint er anders zu denken, er will Verantwortung übernehmen, sagt er: "Es hat lange gedauert, aber heute stehe ich zu dem, was ich getan habe." Er sagt zur Familie von Miriam S., die als Nebenkläger auftritt: "Es tut mir unendlich leid, was ich angerichtet habe. Aber ich kann Ihnen Ihre Tochter nicht zurückbringen." Auch sein Leben habe sich nach dem Unfall verändert. "Jeder kennt mich, jeder hasst mich. Ich bin einer der Todesraser, das macht mich kaputt."

Eine Therapie macht er nicht, "dann denken die Leute, ich bin bekloppt." Er arbeitet seit zwei Monaten bei Ford, es bestehe eine gute Chance, dort eine Festanstellung zu bekommen, sagt er. Mit der Raser-Szene habe er nichts mehr zu tun. "Wenn ich in schnelle Autos einsteige, bekomme ich Paranoia."

Der Vorsitzende konfrontiert ihn mit einem Facebook-Video vom Februar 2016, das ein Bekannter von Firat M. "Mit den Jungs ne Runde touren" genannt hat und in dem M.s Name verlinkt ist. Man sieht in dem Video unter anderem einen Maserati mit aufheulendem Motor. "Ich kenne das Video, aber ich war nicht dabei, ich habe in keinem der Autos gesessen", beteuert der Angeklagte. Den Namen des Mannes, der im Video zu erkennen ist, will er auf Nachfrage des Nebenklage-Anwalts Nikolaos Gazeas als möglichen Zeugen nicht nennen.

Gazeas sagt am Rande des Prozesses: "In Berlin werden Raser wegen Mordes verurteilt, in Köln kommen sie mit Bewährung davon — das ist das falsche Signal."

Im ersten Prozess war die Staatsanwaltschaft davon überzeugt, dass die beiden Angeklagten sich zu einem illegalen Rennen verabredet hatten — das konnte die Kammer ihnen letztlich aber nicht nachweisen. In jedem Fall sei der Unfall auf dem Auenweg in Köln-Mülheim aber nach einem "spontanen Kräftemessen" der jungen Fahrer geschehen.

Viele Zeugen hatten übereinstimmend beschrieben, wie die Angeklagten am 14. April 2015 unterwegs waren: Stoßstange an Stoßstange, mit quietschenden Reifen und "in einem Affentempo".

Nach einem Beschluss des Bundesrats im September gibt es nun insgesamt deutlich härtere Strafen für Fahrer, die ein illegales Rennen veranstalten oder daran teilnehmen: Sie sollen mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Wird jemand schwer verletzt oder gar getötet, können es bis zu zehn Jahre Haft werden.

Im Kölner Fall haben die BGH-Richter in Karlsruhe nicht die Höhe der Strafe kritisiert, sondern die Aussetzung zur Bewährung.

(hsr)
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