Köln/NRW Razzia wegen 460 Millionen Euro Steuerhinterziehung

Köln · Wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit dubiosen Aktiengeschäften haben Polizei und Steuerfahndung am Dienstag Büros und Wohnungen in Deutschland und im Ausland durchsucht. Es gehe um unberechtigte Anträge auf Erstattung von Kapitalertragssteuer in Höhe von über 460 Millionen Euro an das Bundeszentralamt für Steuern, teilte die Staatsanwaltschaft Köln mit.

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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Mehr als 30 Beschuldigten werde Steuerhinterziehung und Betrug im Zusammenhang mit "Cum-Ex-Geschäften" vorgeworfen. Dabei geht es um den raschen Kauf und Verkauf von Aktien rund um den Dividendenstichtag börsennotierter Unternehmen.

Bei den strittigen Aktiendeals - auch "Dividendenstripping" genannt - geht es um den raschen Kauf und Verkauf von Aktien rund um den Dividendenstichtag börsennotierter Unternehmen. Dabei kassierten Investoren Steuerrückzahlungen - aus Sicht des Fiskus zu Unrecht.

Nach Angaben der Ermittler waren 114 Beamte des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen, der Steuerfahndung Wuppertal sowie des Bundeszentralamts für Steuern im Einsatz. Zeitgleich wurden im Inland, in neun weiteren europäischen Ländern sowie in Übersee Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht. Genauere Angaben lehnte die Staatsanwaltschaft mit Verweis auf das Steuergeheimnis und aus "ermittlungstaktischen Gründen" ab.

Aktiendeals "Cum-Ex" sollen von zahlreichen Banken und Kapitalanlagefonds in Deutschland betrieben worden sein: Papiere wurden rund um den Stichtag, an dem die Dividende festgelegt wurde, schnell hintereinander ge- und wieder verkauft. Ziel war die mehrfache Erstattung von Kapitalertragssteuern. Die Finanzämter erstatteten dadurch letztlich mehr Steuern, als sie zuvor eingenommen hatten.

Das Bundesfinanzministerium hatte dieses Steuerschlupfloch 2012 nach Milliardenausfällen durch eine Neuregelung der Nachweispflichten geschlossen. Die Fälle aus der Zeit davor beschäftigen aber immer noch die Justiz. Auch die Münchner und die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermitteln seit längerem wegen dieser Geschäfte.

Letztlich ist aber immer noch unklar, ob die Geschäfte überhaupt illegal waren. Denn Banken und Investoren nutzten bestimmte Eigenheiten der Abwicklungssysteme an den Börsen, aber auch steuerrechtliche Besonderheiten - und das offensichtlich über Jahre hinweg und mit Wissen von Bund, Ländern und Finanzbehörden. So erklärte der Bundesfinanzhof das Dividendenstripping bereits in einem Urteil aus dem Jahr 1999 für grundsätzlich rechtens. Geschlossen wurde das Schlupfloch erst 2012 durch eine Neuregelung der Nachweispflichten. Ein neuer Fall vor dem Bundesfinanzhof brachte im Frühjahr noch keine abschließende Klärung der Frage, ob die "Cum-Ex"-Geschäfte zulässig waren.

(lnw)
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