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Interview mit Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle "Frauen hatten keine Chance, Abstand zu halten"

Düsseldorf · Eine Armlänge Abstand zu halten! Diese Verhaltensempfehlung der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sorgte im Internet für viel Spott. Eine Mitarbeiterin der Düsseldorfer Frauenberatungsstelle erklärt, dass die Opfer dazu gar keine Möglichkeit hatten. Rekers Vorschlag müsse auf die Opfer wie Häme wirken.

 Luzia Kleene arbeitet in der Frauenberatungsstelle in Düsseldorf.

Luzia Kleene arbeitet in der Frauenberatungsstelle in Düsseldorf.

Foto: Endermann, Andreas

Nach den Übergriffen an Silvester hat Kölns Oberbürgermeisterin den Frauen geraten, mindestens eine Armlänge Abstand zu halten. Sind solche Verhaltensregeln sinnvoll?

Luzia Kleene Ich denke, es ist nicht ratsam zu überlegen, was Frauen machen können, um sich selbst zu schützen. Viel wichtiger sind Präventionsmaßnahmen, die bei den Tätern ansetzen, um solche Übergriffe zu verhindern. Vermutlich sind diese Verhaltensregeln aus einer Hilfslosigkeit entstanden, in der Überlegung "Was gebe ich den Opfern mit auf den Weg?" Die Opfer hätten sicherlich gerne Abstand gehalten, wenn sie das gekonnt hätten. Doch diese Freiheit hatten sie nicht. Wichtiger wäre gewesen, dass die Täter an Silvester Abstand gehalten hätten, doch das haben sie nicht getan. Sie müssen respektvollen und gewaltfreien Umgang lernen.

Gibt es denn überhaupt irgendwelche Tipps oder Verhaltensregeln?

Kleene Es kann nicht darum gehen, die Frau in eine Rüstung zu stecken. Ich habe mit einer Kollegin über den Vorfall in Köln gesprochen, die mir von einer höchst aggressiven Stimmung an diesem Abend berichtet hat - einer Situation, die schnell eskalieren kann. Mit normaler Drängelei hatte das nichts zu tun. Das ist, als ob man sich in einen Vulkan begibt, der jederzeit ausbrechen kann. In einer solchen Situation weiß man nicht, in welche Richtung es geht. Ratsam wäre es gewesen, diesen Ort ganz zu meiden, was bei so einem zentralen Ort wie dem Hauptbahnhof natürlich schwierig ist.

So spottet das Netz über den Reker-Tipp
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Foto: Twitter / Konrad Weber

Können Sie nachvollziehen, dass der Vorschlag von Henriette Reker insbesondere im Internet für viel Spott gesorgt hat?

Kleene Aus Sicht der Opfer sicherlich. Wenn die Frauen, die Möglichkeit gehabt hätten, mehr als eine Armlänge Abstand zu halten, hätten sie das auch sicherlich gemacht. Diese Frauen haben sich schließlich nicht den Männern an den Hals geworfen. So ein Vorschlag muss für sie wie Häme klingen.

Sie haben davon gesprochen, dass Präventionsmaßnahmen in Bezug auf die Täter wichtig seien. Welche sind das?

Kleene Es geht vor allem darum, das Haften an traditionellen, überholten Geschlechterrollen zu verändern. Die Täter müssen mit ihrem beschränkten und geringschätzigen Frauenbild konfrontiert werden. Es ist eine gesamt-gesellschaftliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Täter solche Übergriffe erst gar nicht versuchen. Moderne, demokratische Menschenbilder und ein respektvoller Umgang zwischen den Geschlechtern müssen stärker in die Öffentlichkeit gebracht werden, zum Beispiel in Bildungseinrichtungen und Schulen.

Luzia Kleene arbeitet in der Frauenberatungsstelle in Düsseldorf. Informationen dazu gibt es hier.

Das Interview führte Ina Schwerdtfeger.

(isf)
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