Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht Hannelore Kraft spricht von "kommunikativem Fehler"

Düsseldorf · NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat sich im Silvester-Untersuchungsausschuss bei den Opfern der Übergriffe in Köln entschuldigt. Zudem sprach sie von "mehreren Formen von Fehlern". Vertuschungsvorwürfe weist sie, wie schon zuvor, vehement zurück.

Hannelore Kraft vor dem U-Ausschuss zu Silvester in Köln
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Hannelore Kraft vor dem Silvester-U-Ausschuss

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Im Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zu den Silvester-Übergriffen in Köln sagt zur Stunde Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) aus. Der Ausschuss hat für ihre Befragung vier Stunden angesetzt. Der Ausschuss will klären, wann die Regierungschefin von den massiven Übergriffen auf Hunderte Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof erfahren und ob sie schnell genug reagiert hat.

Zu Beginn ihrer Aussage entschuldigte sich die Ministerpräsidentin bei den Opfern der Silvesternacht: "Den Opfern ist schreckliches Leid zugefügt worden und viele haben noch heute daran zu tragen. Ich entschuldige mich bei den Opfern. Sie wurden Opfer eines neuen Gewaltphänomens." Außerdem kommentierte sie direkt die Reaktion ihrer Regierung: "Wir als Land haben sofort reagiert. Wir haben den Opfern sofort Hilfe und Unterstützung angeboten und mit einem 15-Punkte-Plan dafür gesorgt, dass sich sowas nicht wiederholen kann."

Ihr werde immer wieder vorgeworfen, zu spät reagiert zu haben. "Mir wird und wurde Vertuschung unterstellt. Ich kann nur wiederholen: Warum hätte ich das tun sollen? Ich war auch nicht im Verteiler der Wochenend-Meldungen. Aber wenn ich es gewesen wäre, hätten sie mich bis zum 4. Januar auch nicht alarmiert."

In einer im Internet veröffentlichten eidesstattlichen Erklärung hatte Kraft vor mehreren Wochen bereits versichert, dass sie vor dem 4. Januar mittags keine Kontakte mit dem Innenminister und der Spitze der Staatskanzlei zu den massenhaften Übergriffen in der Domstadt hatte.

Ihre weiteren Aussagen zum 4. Januar decken sich mit denen von Innenminister Ralf Jäger: "Ich war im Urlaub. Ich war erreichbar. Jederzeit. Ich habe am 4. Januar einen Artikel gelesen. Weil ich ohnehin mit dem Innenminister telefonieren wollte am 4. Januar um 13.41 Uhr, habe ich ihn darauf angesprochen. Wir haben uns darauf vereinbart, dass er an diesem Tag vor die Presse tritt und ich am Folgetag. In Form eines schriftlichen Statements. Im Nachhinein war es ein Fehler, nicht alle Medien einzubeziehen und vor die Kameras zu treten."

Sie fügte hinzu: "Es gab mehrere Formen von Fehlern. Die Kommunikation nach den Ereignissen, die Zusammenarbeit der Bundes- und der Landespolizei und der städtischen Behörden in der Nacht, es gab Planungs- und Einsatzdefizite. Deshalb bin ich foh, dass dieser Ausschuss das aufarbeitet."

Daraufhin hakt Ausschussvorsitzender Peter Biesenbach (CDU) nach, ob es denn die Tage vor ihrer Rückkehr aus dem Urlaub keine Telefonate, Glückwünsche, Neujahrswünsche gegeben habe. Kraft daraufhin: "Wir achten darauf, dass der jeweils andere seine Ruhe hat. Ich halte auch nichts davon, Neujahrsgrüße per SMS zu verschicken. Enge Freunde und Mitarbeiter bekommen von mir einen handgeschriebenen Brief."

Ina Scharrenbach von der CDU fragt, wann Hannelore Kraft erstmals Kontakt zu den Opfern bekommen hat. "Etwa eine Woche später im Rahmen einer Fernsehsendung. Das war für mich sehr aufwühlend."

Die sexuellen Übergriffe auf Hunderte Frauen unter den Augen der Polizei hatten weltweit für Entsetzen gesorgt. Sie sollen mehrheitlich von Männergruppen nordafrikanischer Herkunft begangen worden sein.

Der Parlamentarische U-Ausschuss hatte im Februar seine Arbeit aufgenommen und bisher unter anderem zahlreichen Polizisten und Innenminister Ralf Jäger (SPD) befragt. Dabei ging es auch um Vertuschungsvorwürfe, etwa bei der Nennung der Nationalitäten Verdächtiger. Jäger (SPD) sieht schwere Einsatz- und Kommunikationsfehler bei der damaligen Polizeiführung und hatte den Polizeipräsidenten Wolfgang Albers am 8. Januar in den Ruhestand geschickt.

Die große Frage aber, für die Krafts Vorladung vor den Untersuchungsausschuss eigentlich steht: Wie kann eine Landesregierung fast vier Tage lang taubstumm sein? Bevor NRW-Innenminister Ralf Jäger zum ersten Mal mit Kraft über das Thema gesprochen haben will, hatten schon 1,6 Millionen Leser die Onlineberichte allein der Kölner Zeitungen zum Thema geklickt.

(tor/mer)
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