Übergriffe am Hauptbahnhof Wie Syrer eine Frau in Köln beschützten

Seattle/Köln · Viele Opfer der Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof erzählen erschreckende Geschichten von Belästigung und sexuellen Übergriffen. Die von Caitlin Duncan klingt zunächst genau so – bis die 27-Jährige von einer Gruppe Asylbewerber gerettet wurde.

Angriffe auf Ausländer in der Kölner Innenstadt
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Angriffe auf Ausländer in Köln

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Foto: dpa, mjh hpl

Viele Opfer der Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof erzählen erschreckende Geschichten von Belästigung und sexuellen Übergriffen. Die von Caitlin Duncan klingt zunächst genau so — bis die 27-Jährige von einer Gruppe Asylbewerber gerettet wurde.

Seit den Übergriffen in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof richtet sich auch international der Blick auf die Domstadt. Viele sehen die Geschehnisse als Prüfstein für Angela Merkels Flüchtlingspolitik, Köln schafft es auf die Titelseiten der ausländischen Presse. Die "New York Times" berichtet nun von einer Geschichte, die ein Zeichen der Menschlichkeit setzt: Es ist die Geschichte der 27-jährigen Caitlin Duncan. Als sie von mehreren Männern bedrängt wird, sind ihr nach eigenen Angaben Asylbewerber zur Hilfe geeilt.

Dem Medienbericht zufolge ist Duncan eine Studentin der Neurowissenschaften aus Seattle, die derzeit an der Universität in Tübingen studiert und mit ihrem deutschen Freund Silvester in Köln verbracht hat. Im Gedränge am Hauptbahnhof habe sie ihren Freund verloren — eine denkbar ungünstige Situation, da dieser sowohl ihre Handys als auch ihre Portemonnaies bei sich trug.

Was die 27-Jährige dann schildert, gleicht den erschreckenden Berichten anderer Opfer vom Kölner Hauptbahnhof. Sie sei schnell von einer Gruppe jüngerer Männer umzingelt worden, einer habe sich ihren Hut vom Kopf geschnappt, andere hätten versucht, sie aufs Gesicht und den Nacken zu küssen. Sie habe sich an die Polizei gewandt, die sei aber zu beschäftigt damit gewesen, den Bahnhofsvorplatz zu räumen.

Als die Gruppe wuchs und die Situation immer bedrohlicher zu werden schien, soll ein Fremder auf sie zugekommen sein, um seine Hilfe anzubieten. Dem Bericht zufolge hat es sich um Hesham Ahmad Mohammad gehandelt, einen Asylbewerber aus Aleppo in Syrien. Der ehemalige Lehrer soll seine Heimat mit seiner Frau und zwei Kindern verlassen haben, zu Silvester habe er sich mit Freunden in Köln getroffen. Er und weitere Männer hätten eine Art Sicherheitsring um sie gebildet und durch den Hauptbahnhof begleitet, bis sie Duncans Freund gefunden hätten, berichtet die Studentin. Als sie ihn erreichten, brach Caitlin Duncan in Tränen aus.

Cologne, Germany — How Syrian refugees helped an American student during the Cologne attacksAn American student and a...

"Wir hören den ganzen Tag Nachrichten über Flüchtlinge: Das sind schlechte Menschen, die müssen zurück in ihre Heimat", zitiert die "New York Times" Hesham Ahmad Mohammad. "Wenn ich das in den Nachrichten höre, bin ich traurig, weil wir wissen, dass das schlechte Menschen waren. Aber die guten Menschen, über die spricht niemand." Seine Freunde und er hätten sich auch unsicher gefühlt in der Silvesternacht. "Die haben getrunken und Mairjuana oder so konsumiert. Die haben komplett ihren Verstand verloren."

Für die 27-jährige Caitlin Duncan hat die Geschichte kein schlimmes Ende genommen. Sie soll jetzt regelmäßig in Kontakt mit ihren Helfern stehen. "Am Ende ist alles gut ausgegangen — auch wenn ich nicht geplant hatte, das neue Jahr so einzuläuten", sagt sie. Hesham Ahmad Mohammad gibt sich bescheiden: "Meine Freunde und ich sind sehr glücklich, weil wir erstens jemandem geholfen haben. Außerdem haben wir jetzt neue Freunde in Deutschland."

(lukra)
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