Korschenbroich 20. Jahrhundert: Zeitalter der Extreme

Korschenbroich · Bis zum 26. September ist in Korschenbroich eine Ausstellung zur Geschichte Europas im 20. Jahrhundert zu sehen - ein Rückblick auf Diktatur und Demokratie und Mahnung für die Zukunft. Gestern wurde sie im Gymnasium eröffnet.

 Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme: Die Ausstellung wurde gestern im Gymnasium stellvertretend von Regine Hütter eröffnet - mit dabei (v.l.) Uwe Roscheck, Bürgermeister Dick und Vize-Landrat Klose (2.v.r.).

Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme: Die Ausstellung wurde gestern im Gymnasium stellvertretend von Regine Hütter eröffnet - mit dabei (v.l.) Uwe Roscheck, Bürgermeister Dick und Vize-Landrat Klose (2.v.r.).

Foto: I.Raupold

Die Aula des Gymnasiums Korschenbroich ist gut gefüllt an diesem ersten Septembermorgen. Neben den Schülern und Lehrern sind auch viele Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung gekommen, um an der Eröffnung einer Ausstellung teilzunehmen, die nicht nur historischen, sondern auch aktuellen Bezug hat. Die Ausstellung "Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme" kommt auf Initiative des Bundestagsabgeordneten Ansgar Heveling nach Korschenbroich.

Der Tag der Ausstellungseröffnung ist sehr bewusst gewählt: Am 1. September jährt sich der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal. Gleichzeitig wird in diesem Jahr an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren und an den Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren erinnert. Diese Häufung von Gedenk- und Jahrestagen war Grund genug für das Institut für Zeitgeschehen, die Bundesstiftung Aufarbeitung und das Deutschlandradio Kultur, die Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts in der Zusammenschau zu präsentieren und in Verbindung zu setzen. Die Ausstellung schlägt einen Bogen vom Ersten und Zweiten Weltkrieg über den Kalten Krieg und die Entspannungspolitik bis hin zu den friedlichen Revolutionen in Deutschland und Osteuropa. Auf 26 Plakaten wird deutsche und europäische Geschichte gezeigt, nicht häppchenweise wie meist üblich, sondern im Zusammenhang. Die Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs und das Scheitern der Demokratisierung Deutschlands bereiten den Boden für faschistische Bewegungen und die Verbrechen der Nazis. Die Nachkriegszeit mit dem Wettkampf der Systeme, der Einigung West-Europas und dem Fall der Mauer führen zu Hoffnungen auf eine friedliche und demokratische Einigung des ganzen Kontinents - eine Hoffnung, die im Augenblick in der Ukraine blutig zerstört zu werden scheint. Der CDU-Bundestagsabgeordneter Ansgar Heveling hat die Ausstellung in seine Heimatstadt Korschenbroich geholt. Symptomatisch für die traurige Aktualität der Rückschau: Der Abgeordneter konnte die Ausstellung nicht selbst eröffnen. Er sei verhindert "aus Gründen des Krieges", wie es Schulleiter Uwe Roscheck formulierte. Mit anderen Worten: Der Parlamentarier musste zur Sondersitzung des Bundestages nach Berlin, wo über die Waffenlieferungen an die irakischen Kurden debattiert wurde. Vertreten wurde er durch die Leiterin seines Wahlkreis-Büros, Regine Hütter, die seine Rede vortrug, in der er die noch andauernden Folgen der Kriege des zwanzigsten Jahrhunderts betonte. "Die willkürlichen Grenzziehungen des Ersten Weltkriegs haben heute noch Folgen", meinte der Abgeordnete mit Blick auf den Irak, dessen Grenzen nach 1918 festgelegt worden sind. Deshalb sei die Auseinandersetzung mit der Geschichte so wichtig.

Dr. Hans-Ulrich Klose, der stellvertretende Landrat des Rhein-Kreises, begrüßte es, dass die Ausstellung in Korschenbroich gezeigt wird. "Ich merke immer wieder, wie schwierig es ist, zu vermitteln, wie furchtbar diese Zeit gewesen ist", sagte der 79-Jährige. "Aber es ist wichtig, Verständnis zu wecken." Erschütternd sei die Wahlbeteiligung in Sachsen, wo weniger als 50 Prozent von ihrem Freiheitsrecht zu wählen Gebrauch machten. Aber er selbst habe bei allem Schrecklichen auch ein großartiges Zeitalter erlebt. "Ich habe das Scheitern von zwei Diktaturen in Deutschland gesehen. Mehr kann man nicht erleben", sagte er und wünschte vor allem den Schülern nicht viel Spaß, aber viel Erkenntnisgewinn bei der Ausstellung.

Die Ausstellung ist noch bis zum 12. September im Gymnasium Korschenbroich zu sehen, danach bis zum 26. September in der Filiale der Stadtsparkasse Neuss in Korschenbroich, Hindenburgstraße.

(NGZ)
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