Korschenbroich Arzt fühlt sich wegen Migranten überlastet

Korschenbroich · Ein Korschenbroicher Kinderarzt hat das Training für Eltern von ADS-Kindern gestrichen. Der Grund: Ihm fehlt die Zeit.

Der Kinderarzt Dr. Helmut Brück schlägt Alarm: Er stößt an seine Kapazitätsgrenze, obwohl er bis zu 14 Stunden am Tag arbeitet. Für seine "deutliche Überlastung" - so steht es auf der Internetseite des Kinderärztlichen Kompetenzzentrums Korschenbroich (KiKoKo) - macht er die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel verantwortlich.

Jetzt zieht er die Reißleine und streicht ein Trainings-Programm für Eltern von Kindern mit einer Aufmerksamkeits-Defizit-Störung (ADS) aus seinem Praxis-Angebot. Es gibt keine Termine mehr. Auf seiner Homepage schreibt Helmut Brück weiter: "Ich hoffe auf baldige Verbesserung der Situation, in dem Frau Merkel es schafft, die Völkerwanderung an Deutschland vorbeizuleiten. Sie schafft das schon!"

Für den Kleinenbroicher Andreas Krapohl ist das ein Unding. Er, der mittlerweile in Süddeutschland lebt, aber über RP-online und lokale Facebook-Gruppen den Kontakt zur Heimat hält, hatte sich nach Bekanntwerden des Eintrages auf der KiKoKo-Webseite direkt an den Kinderarzt gewandt.

Die Antwort von Helmut Brück liegt unserer Redaktion vor. Darin bemängelt der Arzt, dass für das Stadtgebiet Korschenbroich kein zweiter Kinderarzt zugelassen werde. Und besser wird es nicht werden: Brücks Kollegin, die hälftig auf seinem Kassensitz arbeitet, wird wegen fehlender Zulassung nach Bayern umziehen. Brück schildert in seiner Antwort-Mail an Krapohl, dass die KiKoKo im Quartal rund 1400 Kinder betreut und seine tägliche Arbeitszeit mittlerweile bei zwölf bis 14 Stunden liege. Wartezeiten von bis zu zwei Stunden seien in seiner Praxis in Pesch keine Seltenheit. Er befürchtet, dass selbst Notfälle künftig auf Folgetage verschoben werden müssten. So weit sei es aber bisher noch nicht gekommen. Um den Druck auf die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein für einen weiteren Arzt zu verstärken, betont er, dass in den vergangenen sechs Monaten schlagartig 200 zusätzliche Patienten als Kinder von Migranten in der Quartalsversorgung dazugekommen seien. Die Anfrage unserer Redaktion blieb gestern unbeantwortet. Aus der Praxis hieß es: "Kein Gesprächsbedarf."

Doch: Wie kann es überhaupt zu der Überbelastung eines Kinderarztes kommen? Wie die Kassenärztliche Vereinigung mitteilt, gibt es im Rhein-Kreis mit 30 Kinderärzten mehr als genug. "Die Versorgungsquote liegt bei 143 Prozent. Ab 110 Prozent aufwärts wird der Bezirk für neue Zulassungen gesperrt", erklärt Christopher Schneider. Der Sprecher erläutert weiter: "Geregelt wird die Zahl der Kinderärzte in einem Bezirk wie dem Rhein-Kreis von einem Zulassungsausschuss." Dieser Ausschuss regele aber nicht, wo sich ein Arzt niederlassen muss. So kann es in kleinen Städten wie Korschenbroich zu Engpässen kommen. Helfen könne der Umzug einer Praxis innerhalb eines Bezirks.

(NGZ)
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