Korschenbroich Aus Ruinen ist ein prächtiges Schloss geworden

Korschenbroich · Das Wahrzeichen von Liedberg ist fertig rekonstruiert. Die neuen Bewohner suchen einen Geheimgang, der in den Sandberg führen soll.

 Blick aus der Vogelperspektive: So sieht das Liedberger Schloss nach den aufwendigen Bauarbeiten aus.

Blick aus der Vogelperspektive: So sieht das Liedberger Schloss nach den aufwendigen Bauarbeiten aus.

Foto: Theo Titz

Nach fast zehn Jahren Bauzeit hat der Korschenbroicher Ortsteil Liedberg wieder ein Wahrzeichen, das sich sehen lassen kann: Das Schloss in unmittelbarer Nähe zum historischen Ortskern ist wieder aufgeblüht. Zu verdanken ist das vor allem einem Mann: Peter Overlack. Der 60-Jährige hatte sich schon vor rund 20 Jahren in das Schloss verliebt, das damals allerdings vielmehr einer fast schon gruselig anmutenden Ruine glich. Doch Overlack hatte bereits früh vor Augen, wie das alte Schloss restauriert aussehen könnte - und schlug zu, als sich 2007 die Möglichkeit ergab, das Gebäude zu kaufen. Seit 2008 investierte er viel Zeit und Geld; nun sind rund 1200 Quadratmeter Schloss fertig restauriert beziehungsweise nach alten Zeichnungen rekonstruiert.

 In der kleinen Schlossbibliothek erzählen Ute und Peter Overlack wie es ist, in einem Schloss zu wohnen, das auch Wahrzeichen eines Dorfes ist.

In der kleinen Schlossbibliothek erzählen Ute und Peter Overlack wie es ist, in einem Schloss zu wohnen, das auch Wahrzeichen eines Dorfes ist.

Foto: Jörg Knappe

Bis zum heutigen Aussehen war es allerdings ein weiter Weg. "Als ich es kaufte, befand sich das Schloss in einem desolaten Zustand", berichtet Overlack, der sich noch gut an drei ehemals bewohnte Räume mit Ofenheizung, an Elektrotechnik aus den 1920er Jahren und an ein abenteuerliches Abwassersystem erinnern kann. "Die bauliche Instandsetzung des Schlosses war eine Herausforderung", erzählt Overlack, der als Vorstandsvorsitzender an der Spitze einer Firma steht, die auf dem Chemie-Distributionsmarkt aktiv ist. Inzwischen wohnt Peter Overlack mit seiner Frau Ute und drei Kindern in dem Schloss, dessen architektonisches Gleichgewicht durch den Anbau zweier Gebäudeteile neben dem Schlossturm wieder hergestellt werden konnte. "Der Turm stammt aus dem Jahr 1300, die Nebengebäude sind in den Jahrhunderten danach entstanden", sagt der 60-Jährige. Von den Nebengebäuden sei allerdings 2007 nicht viel übrig gewesen: Der Wiederaufbau stützte sich auf historische Dokumente, Stiche, frühe Drucke - und auf eine Zeichnung, die im Jahr 1892 von Paul Clemen angefertigt wurde, der als "Erfinder" der Denkmalpflege in Deutschland gilt. Unterstützt wurde das Bauvorhaben durch Fördergeld der Denkmalbehörden auf Landes- und Bundesebene sowie der NRW-Stiftung.

Heute ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dass große Teile des Schlosses erst jüngst rekonstruiert wurden. "Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass die neueren Ziegelsteine heller sind", beschreibt Peter Overlack, der zu einem Teil auch im Schloss arbeitet. Zu den großen Herausforderungen beim Bau zählte der Einbau riesiger Holzbalken, die den Baukran mit ihrem Gewicht extrem belasteten. "Beim Einbau der Balken haben alle Beteiligten den Atem angehalten", erinnert sich Ute Overlack, die als Innenarchitektin arbeitet.

Die 54-Jährige hat sich entsprechend mit um den Innenausbau des Schlosses gekümmert, das über 400 Quadratmeter Wohnfläche verfügt. Verbaut ist dort viel Holz, Historisches trifft auf moderne Einrichtungsgegenstände. Und: Es gibt einige Hingucker. Türen aus Indien etwa oder Leuchten aus Marokko. Was es damit auf sich hat? "Früher war es üblich, dass Schlossbesitzer Gegenstände von ihren Reisen mitbrachten. Wir wollten diese Tradition wieder aufgreifen und haben einiges aus anderen Ländern, die wir schön fanden, mitgenommen, um sie im Schloss einzubauen", erzählt Ute Overlack. Wie es sich anfühlt, in einem Schloss zu wohnen? "Gut", sagt sie. "Jedes Mal, wenn wir auf das Schloss zufahren, wissen wir, dass der Aufwand der vergangenen Jahre gut investiert ist." Tatsächlich kommt der Wiederaufbau des Schlosses gut bei den Liedbergern an, die die Bauzeit gespannt mitverfolgten und auch Verständnis aufbrachten, wenn schwere Baumaschinen durch den Kern ihres schmucken Dorfes fuhren, um die Schloss-Baustelle zu erreichen. "Wir haben bisher aus dem Dorf überwiegend positive Reaktionen erhalten", erzählt Peter Overlack, der erreichen möchte, dass sich das Schloss eines Tages amortisiert. Dafür erarbeitete er ein Nutzungskonzept für 800 Quadratmeter des Schlosses, die etwa an Firmen vermietet werden könnten.

Tausende Probleme haben die Overlacks während der Bauphase gemeistert, der sich jetzt letzte Pflasterarbeiten anschließen. Eine Sache bereitet ihnen allerdings Sorge: Ihr Schloss steht auf einem ausgehöhlten Sandberg, der nachgeben könnte. So ist möglicherweise die Standfestigkeit des Schlosses - wie auch einiger Gebäude im Ortskern - gefährdet. Die Overlacks hoffen nun, dass entsprechende Untersuchungen unternommen werden, ob die hohlen Bereiche im Sandberg verfüllt werden können. Mysteriös: Es soll bis heute einen Zugang geben, der vom Schlossgrundstück in den Berg führt - bisher wurde er allerdings nicht gefunden. Das gibt den Schlossbesitzern Rätsel auf: Zuletzt soll in den 1980er Jahren ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr mit dem inzwischen verstorbenen Vorbesitzer des Schlosses in die Tiefe gestiegen sein.

(cka)
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