Fotos Bundestagswahl 2013: Fünf Fragen an Benedikt Winzen (SPD)
Der Bund übernimmt steigende Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Reicht das aus, um Kommunen in Finanznot zu helfen oder muss mehr getan werden, um die Handlungsfreiheit der Städte und Gemeinden für die Zukunft zu sichern?
Das reicht bei weitem nicht aus. Wir müssen unsere Kommunen finanziell entlasten. Viele Städte sind pleite, Infrastruktur sowie Bäder und Schulen verkommen. Ich setze mich dafür ein, dass der Bund die Städte bei den Sozialausgaben um mindestens fünf Milliarden Euro entlastet.
Neue Straßen im Osten, Schlaglöcher im Westen. Soweit das pauschale Vorurteil. Andererseits: Als Logistik-Standort mit vielen Pendlern ist der Kreis auf eine gute Infrastruktur angewiesen – und nicht nur die Rheinbrücken in der Region bröckeln. Was tun Sie, damit der Kreis mobil bleibt?
Die doppelte Aufgabe in Deutschland – die Schulden unseres Landes abzubauen und gleichzeitig vor allem in Bildung und Infrastruktur zu investieren – lässt sich nicht mit dem Wahlversprechen verbinden, gleichzeitig die Steuern zu senken. Hierzu werden wir sogar einige Steuern für wenige erhöhen müssen. Insbesondere der Rhein-Kreis Neuss mit seinen Industrie- und Logistikunternehmen ist auf eine funktionierende und intakte Infrastruktur angewiesen.
Deutschland hat sich die Energiewende auf die Fahne geschrieben. Wie kann der Wandel in der Energieversorgung effektiv, zeitnah, aber auch unter Berücksichtigung der betroffenen Kommunen – Stichwort Braunkohleverstromung im Rhein-Kreis – organisiert werden?
Wir wollen eine grundlegende Reform des EEG, die den Ausbau erneuerbarer Energien langfristig und berechenbar sichert, die konsequent die Kosten begrenzt und die Strompreise im Blick hat. Die Energiewende muss so gestaltet werden, dass die industrielle Basis unserer Region nicht gefährdet wird. Wir müssen verhindern, dass die Energiekosten den Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit nehmen und daher energieintensive Unternehmen entlasten.
Die Proteste der „Wutbürger“ gegen das Bahnhof-Projekt „Stuttgart 21“ machen Schule. Ein Beispiel aus dem Kreis: die Proteste gegen den Strom-Konverter und neue Hochspannungs-Trassen. Wie könnte die Bürgerbeteiligung bei Großprojekten verbessert werden?
Ich ärgere mich über den Verlauf der Diskussionen und Entscheidungen um den Konverterstandort. Hier wird deutlich sichtbar, dass eine vollkommen verfehlte Informationspolitik durch die Entscheidungsträger betrieben wurde und eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger nicht stattgefunden hat. Ich möchte mehr Mitwirkungsrechte der Menschen bei der politischen Willensbildung – auch durch Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene.
Mieten und Immobilienpreise in der Region steigen rasant. Bezahlbare Wohnungen werden knapp. Der Städtetag fordert bereits eine Deckelung von Mieten in Ballungsräumen und mehr Investitionen auch des Bundes in den sozialen Wohnungsbau. Wie wollen Sie die Situation entschärfen?
Wir möchten gemeinsam mit den Mieter- und Sozialverbänden, der Bau- und Wohnungswirtschaft und den Gewerkschaften ein „Aktionsprogramm für eine solidarische Stadt und bezahlbares Wohnen“ initiieren. Unser Ziel ist zukunftsgerechter und zugleich bezahlbarer Wohnraum in intakten und lebendigen Nachbarschaften. Damit möchten wir unter anderem die Mietpreisspirale bremsen und den Anstieg der Mieten bei bestehenden Mietverträgen stärker begrenzen.