Korschenbroich Die Orgelnacht bei Kerzenschein feiert die Stille als Ur-Bedürfnis

Korschenbroich · Erfreulich viele Interessierte fanden sich zur ersten "Orgelnacht bei Kerzenschein" in der St. Andreas-Kirche ein. Der schon ein wenig dämmrige Sakralraum war mit Teelichtern entlang des Mittelganges und auf den Altarstufen geschmückt - alle Kerzen in der Kirche waren entzündet und der Altarraum dezent illuminiert. Mit dem Glockenschlag erklang leise Musik zur Einstimmung, die überging in die Gedanken Rita Mielkes zur "Stille". Eine Fülle von Aspekten dieses komplexen Themas hatte die Projektleiterin von "Korschenbroich liest" zusammengetragen, von der wohltuenden bis zur unerträglichen oder erzwungenen Stille, von der uns umgebenden Dauerberieselung bis zum unerträglichen Lärm, dem heutzutage viele Menschen - meist ungewollt - ausgesetzt sind.

 Martin Sonnen sorgte an der Orgel für die Musik. Rita Mielke las dazwischen Texte, die zum Thema des Abends passten.

Martin Sonnen sorgte an der Orgel für die Musik. Rita Mielke las dazwischen Texte, die zum Thema des Abends passten.

Foto: Hans-Peter Reichartz

In kurzen Statements und ausgedehnten Geschichten wurde den Zuhörern die Problematik der immer wieder gesuchten, dann aber oft kaum zu ertragenden Stille deutlich. Doch manches ging unter - beispielsweise das Goethe-Gedicht "Über allen Wipfeln ist Ruh'". Danach hätte es einer meditativen Musik bedurft, statt wieder unmittelbar eine Geschichte anzuschließen. Überhaupt - die Musik. Die kam - obwohl die Veranstaltung "Orgelnacht" benannt war - zumindest in der ersten Stunde zu kurz. Da mochte Martin Sonnen noch so kunstvoll improvisieren - beispielsweise über den Introitus des gregorianischen Requiems oder das "Halleluja" von Leonard Cohen - die Gewichtung lag eindeutig auf dem gesprochenen Wort. Bei einem der Texte waren leise Orgelklänge unterlegt, das beeinträchtigte die makellose Textverständlichkeit.

Ein Satz der Komposition von John Cage "4'33", der vom Zuhörer verlangt, vier Minuten und 33 Sekunden Stille auszuhalten, zeigten dem beachtlich disziplinierten Auditorium, wie schwierig ein solches Unterfangen ist. Nach der Pause kam die Orgel doch noch gebührlich zu ihrem Recht. Der Kantor improvisierte unter anderem einfallsreich über den Mittelsatz von Mozarts Klarinettenkonzert, über die deutsche Nationalhymne und brachte mit fünf fein gestalteten Versetten über ein Abendlied die Zuhörer zu innerer Ruhe.

(NGZ)
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