Korschenbroich Ein Alptraum und seine Innensicht

Korschenbroich · Beth, frisch geschieden, besucht mit ihrer Tochter Carmel ein Geschichtenfestival, und dann geschieht das Ungeheuerliche: Von einem Moment auf den nächsten ist Carmel verschwunden und bleibt es auch, allen Suchaktionen zum Trotz.

Ein solcher Alptraum ist das Horrorszenario aller Eltern. Und für Beth verbindet sich die Verzweiflung über das Verschwinden ihres Kindes mit schweren Schuldgefühlen, weil sie überzeugt ist, Anzeichen, Signale übersehen zu haben, die eine Erklärung für das Unfassbare liefern könnten. Kate Hamer gelingt es, aus ihrer Geschichte eine spannende psychologische Studie zu machen, bei der der Leser nicht nur die Innensicht der Mutter, sondern auch die des entführten Mädchens kennenlernt. Carmel ist sensibel, aufgeweckt und ihrem Alter weit voraus. Während ihre Mutter zwischen Hoffnung und Verzweiflung aufgerieben wird, durchlebt sie ein "Abenteuer" der besonderen Art, an dem sie dank ihres starken Charakters nicht zerbricht, sondern wächst. Kate Hamers Erzählstil hat Thrillerqualität. Und dank der Doppelperspektive der beiden Protagonistinnen zieht es den Leser mitten hinein in das komplexe und komplizierte Beziehungsgefüge zwischen Mutter und Tochter. Mehr kann man von einem starken Krimi nicht erwarten.

Kate Hamer: Das Mädchen, das rückwärts ging. Zürich: Arche. 2015. 416 S., 16,99 Euro.

"Korschenbroich liest"-Initiatorin Rita Mielke gibt Buchtipps für die Freizeit.

(NGZ)
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