Korschenbroich Ein Rückzugsort vom höfischen Leben

Korschenbroich · Haus Raedt in Drölsholz wurde im 17. Jahrhundert errichtet und später zum kleinen Lustschloss umgebaut. Heute ist es im Privatbesitz.

Geradezu idyllisch mutet die Landschaft auf halber Strecke zwischen Liedberg und Drölsholz an. Spaziert man dort den Kellereiweg entlang, taucht hinter hohen Hecken ein zweigeschossiges Herrenhaus mit Mansardendach auf: Haus Raedt. Doch nicht immer ging es dort so friedlich zu - einst residierte sogar ein Raubritter auf dem Gut.

Das war im Jahre 1373, als Werner von Rode dort lebte. Damals gerieten viele Ritter in finanzielle Not, weshalb manch einem nichts anderes übrig blieb, als seinen Lebensunterhalt mit Raubzügen zu bestreiten. Und so stand Werner von Rode auch nicht alleine da: Gerard von Dyck und fast sämtliche Herren von Haus Horst taten es ihm gleich. Mehr noch - sie schlossen sich zu besonderen Bünden zusammen, von denen einer die "Gesellschaft von den fahlen Pferden" hieß.

So schrieb es der Heimatforscher Jakob Bremer in seinem Buch über Liedberg. Zu dieser Zeit gehörte Haus Raedt schon fast 170 Jahre als Ritterlehen zu Liedberg. 1538 sollte es dann von den Herren von Metternich belehnt werden. Sie ließen ihre Güter durch Rentmeister - sogenannte Kellner oder Keller - verwalten, die wiederum auf Raedt ihren Sitz hatten. So wundert es nicht, dass das Haus lange Jahre den Namen Kellnerei trug, woran der Straßenname noch heute erinnert. Johann Adolf Freiherr Wolff Metternich zur Gracht (1592-1669), Geheimer Rat, Hofmarschall und Oberstkämmerer, ließ dann zwischen 1654 bis 1657 das ursprünglich mittelalterliche, von Wassergräben umgebene Burghaus durch ein neues Haus ersetzen. Doch das Herrenhaus im sogenannten "Maison de Plaisance"-Stil, das heute noch erhalten ist, wird nur teilweise auf ihn zurückgehen.

Denn 1657 dachte man noch gar nicht daran, intime Herrenhäuser zu errichten. Erst im Laufe des 18. Jahrhundert lässt sich ein Wandel in der adligen Baukultur hin zum Bautyp des Lustschlösschens oder Maison de Plaisance beobachten, der fortan zum Grundmuster für das adlige Bauen im Rheinland werden sollte. Vermutlich war es Johann Adolfs Sohn Franz Joseph (1710-1741), der das Haus symmetrisch und im neuen architektonischen Stil umbauen ließ. Darauf lässt auch sein Wappen und das seiner Gemahlin Theresia von Gymnich zu Gymnich schließen, das sich über der Eingangstür befindet.

Beide heirateten 1737. Der Umbau war standesgemäß: Franz Joseph war schon sechs Jahre zuvor von Kaiser Karl VI in den Reichsgrafenstand erhoben worden. Haus Raedt blieb in seinen Dimensionen bescheiden. Es gilt als schlichtes ländliches Herrenhaus.

Vielleicht diente es Franz Joseph als Landsitz und Rückzugsort vom höfischen Leben. Die Ehe Franz Josephs währte nur vier Jahre. Er starb 1741 mit 30 Jahren in Frankfurt. Noch unter den Preußen blieb Haus Raedt ein Rittergut. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es durch die Familie Metternich veräußert; seitdem befindet es sich in wechselndem Privatbesitz.

(NGZ)
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