Korschenbroich Er ist der Begleiter auf dem letzten Weg

Korschenbroich · Norbert Schiffer ist einer von acht Sargträgern. Bei einer Beerdigung achtet er mit viel Ruhe darauf, dass alles würdig abläuft. Die Trauer der Angehörigen blendet er aus, um seine Arbeit gewissenhaft auszuüben.

 Seit fünf Jahren arbeitet Norbert Schiffer inzwischen als Sargträger. Er versucht mit viel Ruhe, einer Beerdigung die nötige Würde zu geben.

Seit fünf Jahren arbeitet Norbert Schiffer inzwischen als Sargträger. Er versucht mit viel Ruhe, einer Beerdigung die nötige Würde zu geben.

Foto: Detlef Ilgner

Um 11.30 Uhr muss Norbert Schiffer spätestens am Waldfriedhof sein. Mütze, Jacke, Hemd und Hose sind auf den Anlass perfekt abgestimmt. Seine "Dienstkleidung". Zur Verfügung gestellt von der Stadt Korschenbroich. Denn für die arbeitet er als Sargträger. Inzwischen schon seit fünf Jahren: "Ich versuche jede Beerdigung so gut wie möglich, vor allem aber in Würde hinzukriegen. Das ist das Mindeste." Er begleite den Menschen schließlich auf seinem letzten Weg.

Das Mitgefühl und die Trauer versucht er bei seiner Arbeit aber möglichst auszublenden, versteht sich als Dienstleister: "Ich habe dann einen Tunnelblick. Oft weiß ich nicht einmal, wer gerade beerdigt wird." Wenn er den Sarg anhebt, denke er nicht an dessen Inhalt, sondern nur daran, dass "kein Fehler passiert, zum Beispiel dass wir den Sarg halbwegs gerade auf die Absenkautomatik stellen. Ich bin dann voll konzentriert." Und dann ist sein Job auch schon beendet: "Wir ziehen die Kappe und treten ab. Mit der Trauergesellschaft haben wir so gut wie keinen Kontakt."

Der gelernte Schlosser und praktizierende Hausmann rechnet pro Beerdigung mit einem Zeitaufwand von rund einer Stunde. "Wir warten vor der Friedhofskapelle oder der Kirche. Erst nach dem Gottesdienst beginnt für uns die Arbeit. Bei einer Urnenbestattung sind wir zu Zweit im Einsatz, einen Sarg tragen wir zu Sechst." Dabei ist die jeweilige Position des Sargträgers entscheidend, erläutert Norbert Schiffer. "Einen Anfänger lasse ich zunächst stets in der Mitte tragen, da ist das Gewicht nicht so hoch. Wer etwas mehr Erfahrung hat, trägt am Fußende. Das Kopfende des Sargs ist am schwersten."

Man bekomme durchaus schon mal "lange Arme", aber nur kurzzeitig: "Die Wege sind ja kurz, die größte Strecke wird der Sarg gefahren." Allerdings habe er einmal echt Panik bekommen: "Weil die Bedingungen so ungünstig waren, mussten wir den Sarg über 20 Meter tragen." Am Ende hätten sie aber auch dieses Problem mit Bravour gemeistert. Insgesamt gelte es, Haltung und vor allem Ruhe zu bewahren, gerade in brenzligen Situationen: "Es ist für die Angehörigen nicht schön, mit ansehen zu müssen, dass sich sechs Leute abbuckeln." Aber sie seien schon ein eingespieltes Team. Er freue sich jedes Mal, die Kollegen zu treffen, dann werde auch schon mal gelacht.

Vom Bestatter oder von der Stadt bekommen sie vor der Beerdigung meist die Besonderheiten der jeweiligen Beerdigung mitgeteilt, "also, ob der Sarg besonders schwer ist oder er eine Übergröße hat." Je nach Konfession werde der Sarg dann bis auf den Grund des Grabes hinabgelassen, oder nur ein wenig herabgelassen, so dass das Bouquet bündig mit dem Rand abschließt: "Das finde ich immer besser, denn es können nicht alle in die Tiefe schauen. Zumal dann die Endgültigkeit des Todes sichtbar wird." Er habe in solchen Situationen schon so manchen Zusammenbruch erlebt. Es gebe aber auch ganz praktische Gründe: "So können wir kaschieren, dass der Sarg doch nicht so ohne Weiteres ins Grab passt; wegen der Größe oder der Größe des Blumenschmucks."

Norbert Schiffer ist in seine Arbeit als Sargträger eher durch Zufall reingerutscht: "Ein Bekannter meiner Eltern hat das gemacht. Als ich von den Verdienstmöglichkeiten gehört habe, bin ich ein paar Mal zur Probe mitgegangen. Dann habe ich mich bei der Stadt Korschenbroich beworben." Auch wenn er bemüht ist, die Trauer der Angehörigen nicht an sich heranzulassen, so ganz gelingt ihm das dann am Ende doch nicht immer. Es gibt Beerdigungen, bei denen er nicht tragen möchte, gesteht Norbert Schiffer: "Ich hatte das Angebot, den Sarg meiner Schwiegermutter mit zu tragen. Aber das wollte ich auf keinen Fall. Und als ein Kind beerdigt werden musste, habe ich darum gebeten, dass das jemand für mich übernimmt. Ich hätte sonst immer daran denken müssen, dass auch eines meiner Mädels in dem Sarg liegen könnte."

(NGZ)
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