Korschenbroich "Friedhöfe erzählen Geschichten"

Korschenbroich · Marcel Kolb und Eddi Schüth gestalten Gedenkfeier im Kulturbahnhof.

Auf den Tag genau 79 Jahre, nachdem Synagogen verwüstet und in Brand gesteckt worden waren, wurde im Kulturbahnhof Korschenbroich an das jüdische Leben erinnert. Im Mittelpunkt stand der Vortrag von Marcel Kolb und Eddi Schüth. Die beiden 17 Jahre alten Gymnasiasten hatten sich an dem Schülerwettbewerb "Friedhöfe erzählen Geschichten" beteiligt und sind Landessieger geworden. Ihr Thema: "Der jüdische Friedhof in Korschenbroich". Die Besucher erfuhren viel über die jüdische Bestattungskultur.

Es war für die beiden jungen Männer eine Ehre gewesen, als ihnen Michael Rubinstein, Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Nordrhein, neben zahlreichen Informationen auch den Schlüssel für das Tor des jüdischen Friedhofs am Borrenweg gegeben hatte. In der 40 Seiten starken Projektarbeit steht unter anderem, dass es dort, von einer Mauer umgeben, 45 Gräber gibt. Die Besucher erfuhren vom Ewigkeitsgedanken: Gräber werden niemals aufgegeben. "Aus Respekt vor dem toten Körper sind nur Erdbestattungen möglich", sagte Eddi Schüth. Die Beerdigung erfolge noch am Sterbetag, es sei denn, der falle auf den Schabat. Angehörige gehen sieben Mal um das Grab, bevor es zugeschüttet wird. "Seine Seele möge eingebunden sein in das Bündel des Lebens", lautet ein Satz, der zu jeder jüdischen Beisetzung gehört. Erstaunlich ist, dass die Grabsteine noch gut erhalten sind - schlimme Verwüstungen der letzten Ruhestätten hat es in Korschenbroich nicht gegeben. Und diejenigen, die die Synagoge an der Mühlenstraße 1938 zerstörten, sollen keine Korschenbroicher Bürger gewesen sein. Dass Korschenbroich kein Zentrum des Nationalsozialismus gewesen sein kann, wird auch an folgender Tatsache deutlich: Die letzte Bestattung auf dem jüdischen Friedhof erfolgte am 21. November 1940 und damit vergleichsweise spät. Wolfgang Skiba (78), dem das Erinnern eine Herzensangelegenheit ist, las aus den Erinnerungen des Juden Alfred Winter, von einem "Albtraum ohne Ende" in einem Konzentrationslager in Lettland, wo sein Bruder Kurt ermordet worden war.

(barni)
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