Korschenbroich Heim-Chefs stellen sich scharfer Kritik

Korschenbroich · Vertreter des Kreis-Seniorenhauses gestehen Fehler ein. Es gibt viele Mängel, die neue Verantwortliche beseitigen sollen.

 Das Ansehen des Seniorenhauses leidet seit Bekanntwerden der Mängel.

Das Ansehen des Seniorenhauses leidet seit Bekanntwerden der Mängel.

Foto: i. raupold

Die Zustände im Kreis-Seniorenhaus an der Freiheitsstraße beschäftigen die Kommunalpolitiker: Sie forderten am Donnerstagabend im Sozialausschuss Antworten - und bekamen sie von Führungskräften der Einrichtung, unter anderem von Sigurd Rüsken. Er ist Geschäftsführer der "Rhein-Kreis Neuss Kliniken" und stellte sich mit seinem Team vielen kritischen Fragen - in einer eigens einberufenen Unterbrechung auch denen einiger Zuschauer. Fast zwei Stunden lang dauerte die Diskussion über qualitativ schlechtes Essen, Kommunikations-Pannen, lärmende Bauarbeiten, undurchsichtige Entgelt-Aufstellungen und über die Pflege der Bewohner an sich. Selten war eine Sitzung des Sozialausschusses so gut besucht.

Sigurd Rüsken, der der letzten Ausschusssitzung wegen einer Termin-Kollision fernbleiben musste und auch diesmal nur gut eine Stunde Zeit hatte, bat um Geduld. Er hatte bereits vor einigen Wochen personelle Konsequenzen gezogen und betonte nun: "Wir haben die Probleme erkannt." Jetzt liegt die Verantwortung bei neuen Führungskräften. "Meine Leute können ihren Job. Ich bin optimistisch", sagte Rüsken. Zu den neuen Verantwortlichen, auf denen nun ein enormer Druck lastet, zählt Küchenchef Jürgen Martens. Er fand klare Worte: "Das Essen ist fürchterlich, respektlos den alten Menschen gegenüber." In den nächsten sechs Monaten will er das Niveau der Großküche in Dormagen, die auch das Haus in Korschenbroich beliefert, deutlich anziehen. In den nächsten Wochen soll sich das Essen spürbar verbessern. Derzeit noch verantwortlich für das Liefer- und Qualitätsmanagement: die Firma Klüh. Auf Anfrage von Albert Richter (SPD) sprach Sigurd Rüsken der Firma öffentlich eine Kündigung aus: "Wir werden sie rausschmeißen."

Peter Holzenleuchter (CDU) erzählte, er habe den Eindruck, dass am Seniorenhaus ein "zweiter Kölner Dom" gebaut werde und fragte, warum sich die Bauarbeiten so lange hinziehen. Die Führungsriege unterstrich: Bis Spätherbst 2019 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Heimleiterin Iris Baldus erklärte auf Anfrage, dass im Zuge der Bauarbeiten weitere 16 Bewohner innerhalb der Einrichtung umziehen müssten. Auf die Frage, warum die Pflegekräfte so häufig wechselten, sagte sie, dass im Haus auch Leihkräfte im Einsatz seien, die maximal neun Monate dort arbeiten dürften. "Wir haben große Schwierigkeiten, Fachpflegekräfte zu finden", betonte Baldus, die sich jedoch sehr um Nachwuchs bemühen will. Erst am Donnerstag habe sie Verträge für zwei neue Mitarbeiter unterzeichnet. Iris Baldus sehen die Bewohner des Kreis-Seniorenhauses zweieinhalb Tage pro Woche, weil sie sich zusätzlich auch noch um ein anderes Seniorenheim in Grevenbroich kümmert. Auch das stieß auf Kritik. Rüsken: "Ich bin auch nicht ohne Zweifel. Wir sind von der Fülle der Aufgaben ein wenig überrascht worden." Der Geschäftsführer bat um etwas Zeit, es würde sich bald etwas ändern. "Wir wissen, dass wir mit unserem Haus ein Teil von Korschenbroich sind."

Unterdessen äußerten sich Angehörige im öffentlichen Teil des Ausschusses, darunter Manfred Konnertz, dessen Mutter in dem Seniorenheim lebt. "Wir werden immer nur vertröstet - für die Bewohner ist das sehr bedauerlich", betonte er. Dann nannte eine Angehörige Details, die wütend machen: Die Binden für inkontinente Bewohner seien schlecht, es fehle an einfachem Verbandmaterial, manche Bewohner würden bis zu 14 Tage lang nicht geduscht. Albert Richter fragte in Bezug auf einen Bericht Konnertz' über seit Monaten fehlende Badezimmertüren, die aber bald geliefert werden sollen: "Wo ist die Empathie der Bewohner gegenüber?" Er sprach von "organisatorischen Fehlern"; mit dem Neubau der Türen hätte man einen Korschenbroicher Schreiner beauftragen sollen.

Martin Kresse von den Bündnisgrünen sagte: "Wir sollten den neuen Verantwortlichen jetzt eine Chance geben." Die Ausschussmitglieder betonten, sie wollen dranbleiben und die versprochenen Verbesserungen im Kreis-Seniorenhaus verfolgen. Bürgermeister Marc Venten wird stellvertretend für sie am 27. Juni eine Info-Veranstaltung des Seniorenhauses besuchen.

(cka)
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