Korschenbroich Jodtabletten: Politik fordert klare Regelung

Korschenbroich · Bürgermeister Marc Venten sieht den Rhein-Kreis Neuss und das Land NRW in der Pflicht.

Die entscheidende Frage stellte Peter Holzenleuchter (CDU): Nicht nur wie, sondern insbesondere ab wann sollen die Kaliumjodid-Tabletten im Falle einer Atomkatastrophe verteilt werden? Und wie erfährt der Bürger davon? Der Hauptausschuss hatte jetzt kontrovers darüber diskutiert, wie die Stadt bei einem Atomunfall in den belgischen Atomkraftwerken Tihange oder Doel verfahren solle. Zuvor hatte der Nuklearmediziner Professor Lutz Freudenberg erläutert, warum der Einnahme-Zeitpunkt der Jodtabletten so entscheidend ist: Das Jod wirkt nur 48 Stunden bevor und acht Stunden nachdem der Körper mit Radioaktivität in Berührung kommt.

Werden die Tabletten zu früh oder von den falschen Personen eingenommen, sind sie sogar schädlich. Bestimmt sind sie für Jugendliche bis 18 Jahre sowie Schwangere und sollen vor Schilddrüsenkrebs schützen. Aktuell lagern die Jodtabletten zentral in der Feuerwache An der Sandkuhle. Im Katastrophenfall sollen sie dezentral an den sechs Standorten der Feuerwachen verteilt werden, wie die Stadtverwaltung auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilte. Der Nuklearmediziner riet davon ab, die Tabletten schon im Vorfeld auszugeben: "Sie könnten verlorengehen oder zum falschen Zeitpunkt eingenommen werden.

" Dieser Meinung schloss sich Bürgermeister Marc Venten an. Eine Verteilung durch kleinere Einheiten wie Schulen oder Kitas, wie Peter-Josef Fels (SPD) sie vorschlug, lehnte er hingegen ab. Der Grund: Dort wäre nachts und in den Ferien niemand zu erreichen. Wann der richtige Zeitpunkt sei, sie zu verteilen, gebe der Rhein-Kreis bekannt. Der habe die Oberhoheit über die Verteilung, sagte Venten. Der Kreis müsse dann alle Informationswege nutzen, um die Bevölkerung zu informieren.

Er machte allerdings mehrmals deutlich, dass er das Konzept zur Verteilung als überregionales Problem ansieht: "Das muss zentral gelöst werden. Wir erwarten ein Konzept auf Landesebene. Das darf nicht bei den Kommunen hängenbleiben", sagte er. Solange wollte Wolfgang Houben (Grüne) nicht warten: "Über die sozialen Medien erfahren wir zeitnah von einem Störfall. Die Eltern werden sofort vor den Feuerwachen Schlange stehen. Wie gehen wir damit um? Darüber müssen wir uns jetzt den Kopf zerbrechen", mahnte er.

Eines machte der Abend deutlich: Ein klares Konzept gibt es für diesen Katastrophenfall noch nicht.

(NGZ)
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