Korschenbroich Kreis: Sozialausgaben zügeln

Korschenbroich · Hartz-IV-Empfänger, die in zu teuren Mietwohnungen leben, werden im Kreis Neuss womöglich in preiswertere umziehen müssen. Auch so will die Kreisverwaltung dem kräftigen Anstieg der Sozialausgaben begegnen.

KORSCHENBROICh/JÜCHEN Es klingt ein bisschen sperrig: "Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel" nennt Jürgen Steinmetz, was die Kreisverwaltung erstellen will. Den Zweck der Übung kann der Stellvertreter von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke jedoch leicht erklären: Der Kreis will stärker darauf achten, ob Hartz-IV-Empfänger in "angemessenen Wohnungen", leben. Wer in zu teurem Wohnraum lebt, muss künftig damit rechnen, zu einem Umzug in eine preisgünstigere Wohnung aufgefordert zu werden. Denn die 71,5 Millionen Euro Kosten für die Unterbringung von Hartz-IV-Empfängern sind ein fetter Posten in der Gesamtbilanz der Sozialausgaben. Und deren kräftiger Anstieg bereitet der Kreisverwaltung große Sorge. Wurden 2001 im Kreishaushalt noch 125 Millionen Euro für Soziales veranschlagt, werden es nach dem Haushaltsentwurf 2010 fast 200 Millionen Euro sein – rund 60 Prozent des gesamten Haushalts. Eine Entwicklung, die Landrat Petrauschke nicht tatenlos hinnehmen will.

Dass im Rhein-Kreis bei einer vergleichsweise moderaten Arbeitslosenquote von 6,6 Prozent die Kosten für die Unterbringung von Hartz-IV-Empfängern hoch sind, hat nach Ansicht von Petrauschke mit der Attraktivität des Kreises als Wohnort und dem mithin hohen Niveau der Mieten zu tun. Und da die Lösung des Problems steigender Sozialausgaben nur darin liegen könne, möglichst viele Menschen in Arbeit zu bringen, will der Kreis auch stärker darauf drängen, dass Empfänger von Hilfen Jobangebote auch annehmen. "Es ist nicht so, dass alle nicht arbeiten wollen. Aber den ein oder anderen muss man doch auf den Weg bringen. Sanktionen sollen nicht strafen, sondern dazu antreiben, Chancen auch zu nutzen", sagt Petrauschke.

Dass der Kreis in diesem Jahr womöglich an Einfluss auf die Betreuung von Hartz-IV-Empfängern verliert, gefällt weder dem Landrat noch seinem Stellvertreter. Das Bundesverfassungsgericht hat Ende 2007 die von vielen Kommunen und der Arbeitsagentur gemeinsam eingerichteten "Argen" für verfassungswidrig erklärt und für eine Neuorganisation eine Frist bis 2010 gesetzt. Sollte die vom Rhein-Kreis und der Agentur eingerichtete Arge daher wieder in zwei Behörden auseinanderdividiert werden müssen, befürchten Petrauschke und Steinmetz einen unnötigen bürokratischen Aufwand, der widrigstenfalls zu unterschiedlichen Entscheidungen und Bescheiden in ein und demselben Fall führen könnte. Mit der Agentur für Arbeit ist laut Landrat bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die allzu großen Organisationsmängeln vorbeugen soll.

(RP)
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