Korschenbroich Lesekonzert in St. Marien war eine spirituelle Glaubenssuche

Korschenbroich · Ausstellung und Buchpräsentation mit Musik zum Vorlesetag boten den Besuchern Gelegenheit zur meditativen Reflexion.

 Fotograf Frank Wiedermeier (l.) und Musiker Gregor Nachtweg (r.) beim ersten Lesekonzert in St. Marien.

Fotograf Frank Wiedermeier (l.) und Musiker Gregor Nachtweg (r.) beim ersten Lesekonzert in St. Marien.

Foto: Jörg Knappe

Ein Farbdreiklang von mattem Gelb, ergänzt um sich punktuell ausbreitende Lichtpunkte in Rot und Blau, setzte den Chorraum vom abgedunkelten Kirchenschiff ab und spiegelte symbolisch die drei Säulen des ersten Lesekonzertes in St. Marien. Im Beitrag zum bundesweiten Vorlesetag verbanden Christoph Sochart, Gregor Nachtwey und Frank Wiedemeier im thematischen Rahmen der Netzwerkkirche von St. Marien Lesung, spirituelle Musik und Ausstellung. Damit wagten sie um Emmanuel Carrères Buch "Das Reich Gottes" Verknüpfungen und Gegensätze. Das Miteinander von Ausstellung und Buchpräsentation lud ein, die Bedeutung des Lesens generationsübergreifend in konträren Facetten zu sehen. Während der Fotograf Wiedemeier den Fokus auf selbstvergessen lesende Kinder voller Urvertrauen gesetzt hatte, verarbeitete der französische Autor eine Sinn- und Lebenskrise. Der Wechsel von Text und Musik bot Gelegenheit zum Nachsinnen und zur meditativen Reflexion. So schärften Behutsamkeit und Ruhe die Sinne für Carrères Auseinandersetzung mit dem frühen Christentum und einer Glaubenssuche.

Sochart bezeichnete Carrères' Buch "Das Reich Gottes" als einen Dialog zwischen dessen Selbst als Nicht-Glaubender und als gläubiger Christ. In der Einführung verriet das Pescher Pfarrmitglied, dass Carrères als renommierter Schriftsteller einen klassischen Burn-Out erlitten hatte und damit in eine Sinn- und Lebenskrise geraten war. Rettung habe die Empfehlung einer Patentante gebracht: Sie forderte den Schriftsteller auf, täglich in der Bibel zu lesen und einen Vers aus dem Evangelium zu kommentieren. In der Auseinandersetzung mit Glaubensfragen wählte Carrères die Figuren Paulus und Lukas und zog Parallelen zum 21. Jahrhundert. Sochart las vom Gespräch des Autors mit einer Therapeutin, die dieser durch sein Bekenntnis zum Christentum provozieren will. Zwei Passagen standen beispielhaft für Carrères Darstellung biblischer Ereignisse anhand der wissenschaftlich nicht belegten Begegnungen zwischen dem Revolutionär Paulus und dem Evangelisten Lukas. An diesem Duo entzündet Carrères Überlegungen, wie etwa eine Zuhörerschaft auf Paulus' Worte über Christus und das eingelöste Versprechen Gottes reagiert haben könnte.

Mit Kompositionen von Hornsby, Einaudi, Satie und Yiruma servierte der Musiker Nachtwey Werke, die im Wesentlichen von musikalisch fließender Bewegung mit sanft leuchtenden Elementen geprägt sind. Einfühlsam spielte er am E-Piano eine Musik, die Harmonie, oft Transparenz und Sanftmut ausstrahlte und darin meditativ und inspirierend war.

(NGZ)
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