Korschenbroich Musikalisch-literarischer Kreuzweg in St. Andreas

Korschenbroich · Renommierte Konzertorganist Ben van Oosten war bei den Orgelwochen. Stadt bewirbt Veranstaltung vom Vorjahr.

 Er war in St. Andreas zu Gast: Konzertorganist Ben van Oosten.

Er war in St. Andreas zu Gast: Konzertorganist Ben van Oosten.

Foto: Knappe

Der niederländische Organist Ben van Oosten (61) ist einer der weltweit renommiertesten Orgelvirtuosen unserer Zeit. Er ist neben seiner regen Konzerttätigkeit Professor am Konservatorium Rotterdam und Titularorganist an der "Grote Kerk" in Den Haag. Nun war er bei den 39. Internationalen Orgelwochen in Korschenbroich zu Gast.

Während seine Konzerte in aller Regel ausverkauft sind, pendelte sich der Besuch in der Andreas-Kirche bei etwas über 60 Zuhörern ein. Das musste schon erstaunen - wie auch die Tatsache, dass die Stadt Korschenbroich als Mitveranstalterin auf ihren Internetseiten noch die Internationale Orgelwoche mit Wettbewerb vom vergangenen Jahr bewirbt. So bleibt der Besuch zu oft nur eingeweihten Liebhabern vorenthalten.

Ben van Oosten hatte "schwere Kost" mit nach Korschenbroich gebracht: "Der Kreuzweg" (op. 29) von Marcel Dupré gilt als Meilenstein der Orgelliteratur des 20. Jahrhunderts. Dieser grandiose Orgelzyklus hat eine Vorgeschichte: Marcel Dupré, damals Leiter des Pariser Konservatoriums, wurde am 13. Februar 1931 zu einem Konzert nach Brüssel eingeladen.

Auf dem Programm stand die Lesung der sprachlich dichten Kreuzwegmeditationen, die Paul Claudel 1911 geschrieben hatte. Dupré sollte dazu auf der Orgel improvisieren. Erst später schrieb er diese frei fantasierte Musik auf. So war es möglich, in St. Andreas die gleiche Situation zu schaffen.

Paul Claudels Texten zu den 14 Kreuzwegstationen verlieh Rita Mielke in konzentrierter Lesung geradezu erschreckende Gegenwart. Dann erklangen Duprés Orgelmeditationen dazu. Zwölf Leitmotive ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk. Abwärts fallende Tonschritte ziehen in die Tiefe und symbolisieren Last und Schwere des Kreuzes. Das Leidensmotiv geht von einem ruhigen Anfangston aus, reckt sich kurz nach oben und bricht dann zusammen. Das Erlösungsmotiv ist eine kleine aufsteigende Melodie.

Ben van Oosten hatte die Motive für die Zuhörer aufgeschrieben und erleichterte damit das Verständnis für ein hochkomplexes Werk. Sein genialer Umgang mit der Andreas-Orgel ließ manches Mal vermuten, als betete er den Kreuzweg auf dem wunderbaren Instrument. Schmerz und Wärme begleiten die am Wegrand stehende Mutter, Hammerschläge und wilder Rhythmus skizzieren die Kreuzigung, eine Glocke geleitet den stillen Trauermarsch beim Zug zum Felsengrab. Für eine Handvoll Zuhörer war der fesselnde Vortrag aber zu viel, sie verließen die Korschenbroicher Andreas-Kirche vorzeitig.

Info Die Internationalen Orgelwochen werden mit dem dritten von vier Konzerten am kommenden Sonntag, 6. März, um 17 Uhr in der Andreas-Kirche fortgesetzt. Zu Gast in Korschenbroich ist dann der Konzertorganist Daniel Zaretsky aus Leningrad.

(NGZ)
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