Korschenbroich Rheinländer mit barocker Lebensfreude

Korschenbroich · Peter Holzenleuchter hat 45 Jahre in Stadtverwaltungen gearbeitet, in Düsseldorf und Mönchengladbach in führenden Positionen. Nach einem Berufsleben auf der Überholspur ist er nun Ruheständler - aber immer noch viel beschäftigt.

 "Unges Pengste ist meine Liebe": Peter Holzenleuchter, Mitglied der St. Sebastianus-Bruderschaft Korschenbroich und aktiver Schütze.

"Unges Pengste ist meine Liebe": Peter Holzenleuchter, Mitglied der St. Sebastianus-Bruderschaft Korschenbroich und aktiver Schütze.

Foto: Peters

Nicht nur die Eltern waren entsetzt: Der "Pitter" wollte nach Düsseldorf. Der Junge, der in der Korschenbroicher Engbrück aufgewachsen war, gerade Ende 1970 im Alt-Korschenbroicher Rathaus seine Lehre beendete, aus dem beschaulichen "Dorf" in die Landeshauptstadt? "Dort wirst du am Ende Hundesteuer-Sachbearbeiter für die Buchstaben A bis K", warnte ihn auch sein Chef, Amtsdirektor Hermann Neusen. Neusen hat sich geirrt, und zwar gründlich.

Peter Holzenleuchter lässt sich, zu seinem Glück, nicht beirren, folgt dem Ratschlag seines Lehrers am Düsseldorfer Berufskolleg, den großen Schritt zu wagen: Er geht nach Düsseldorf. Und macht Karriere in der Stadtverwaltung und im historischen Rathaus am Markt. Schritt für Schritt, aber zielstrebig kommt er als Organisations-Talent in der Verwaltung der Landeshauptstadt voran.

Bis hin zum persönlichen Referenten von Oberbürgermeister Joachim Erwin und schließlich als dessen Büroleiter. Holzenleuchter gilt als Erwins rechte Hand, als sein Vertrauter, ein Mann mit dem Ruf als "Macher" über die Stadt hinaus. Und er bekommt schließlich 2005 einen Anruf aus Mönchengladbach: Er solle sich doch dort mal als Städtischer Beigeordneter für das Dezernat Personal, Organisation usw. bewerben. Es war eine neue Herausforderung, mit 54 Jahren noch einmal eine Aufstiegschance. Der Ur-Korschenbroicher hat sie ergriffen und ist vom Gladbacher Stadtrat für acht Jahre gewählt worden. Dass ihm am Ende dieser Zeit die neue politische Mehrheit im Rat eine zweite Amtszeit verwehrt hat, trübt sein Verhältnis zu Mönchengladbach heute nicht: "Auch Mönchengladbach war eine reizvolle, interessante Station meines Lebens, mit vielen Erfahrungen und neuen Freunden."

Fit genug für einige weitere Jahre als Dezernent hatte er sich schon gefühlt, auch mit 62 Jahren und nach zwei gut überstandenen schweren Operationen. Und dann wollte er es doch noch einmal wissen: Er bewarb sich für die Kommunalwahl 2015 bei der CDU, für die er von 1989 bis 2004 im Stadtrat gesessen hatte, als Kandidat für das Korschenbroicher Bürgermeisteramt. Sein zweiter Anlauf: Im Herbst 1998 hatte er sich schon einmal als Kandidat beworben. Und war auch nominiert worden im parteiinternen, hoch emotionalen und dramatischen Abstimmungsverfahren, mit nur einer Stimme vor seinem Konkurrenten Hans-Bert Heimanns.

Der ist Kleinenbroicher, Holzenleuchter "Ur-Korschenbroicher". Das war auf einmal wieder ein ernsthaftes, innerparteiliches Problem in der Stadt, in der die Narben der kommunalen Neugliederung 1975 wieder aufbrachen. Damals war das bis dahin selbstständige Kleinenbroich vom Land NRW "eingegliedert", zu einem Stadtteil Korschenbroichs gemacht worden. Die Auseinandersetzung der beiden Ortsverbände eskalierte - ein Vierteljahrhundert später - zu einer Schlammschlacht, das Abstimmungsergebnis wurde angezweifelt: Die Partei war gespalten, ihr Sieg bei der ersten Direktwahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters gefährdet.

Die CDU zog die Notbremse, nahm beide Kontrahenten aus dem Rennen und nominierte den Fraktionsvorsitzenden Heinz Josef Dick als Kandidat - der die Wahl dann auch gewann. 2015 trat Dick nicht mehr zur Wahl an, und Holzenleuchter, frischer Ruheständler, wollte es noch einmal wissen, wollte endlich den Posten des Bürgermeisters. Doch wieder sollte es am Ende mit seiner Kandidatur nichts werden. Vier Mitbewerber gab es, schließlich siegte der 36 Jahre alte Jurist Marc Venten. "Ich war zu vielen in meiner Partei mit meinen 63 Jahren zu alt", sagt Holzenleuchter. "Finanziell war ich gut versorgt, ich hatte den Posten nicht nötig. Aber das Amt hätte mir Spaß gemacht, ich hätte noch einmal für die Bürger etwas tun können. Doch dass es nicht geklappt hat, ist kein Drama. Ich habe noch genug zu tun, Langeweile kenne ich immer noch nicht."

Allerdings: "Der Tag hat sich entschleunigt. Ich habe weniger Hetze und Hektik", sagt der heute 65-Jährige. Dafür Zeit, mit seiner Frau Marlis durch Düsseldorf zu schlendern, bei einer Tasse Cappuccino mit Blick auf den Rhein zu sitzen oder an schönen Sommertagen schon mal auf gemieteten Quads mit Frau und Tochter Britta samt Schwiegersohn Andreas an den linken Niederrhein zu fahren. Viel Zeit für die drei und vier Jahre alten Enkelkinder Leo und Mila, für Kater Amadeus und Kurzurlaube in St. Peter im Schwarzwald oder auch für Städtetouren, zuletzt nach Rom.

Einfach die Hände in den Schoß zu legen, das ist nichts für den "schwatten Pitter", wie er genannt wurde, als seine Haare noch pechschwarz waren statt weiß. Seit drei Jahren baut er, mit viel Eigenleistung, sein elterliches Haus um und modernisiert es. Und er nimmt sich Zeit für die Arbeit im Korschenbroicher Stadtrat mit den Schwerpunkten Bau, Planung, Finanzen, Bildung und Familie. Holzenleucher ist außerdem Schöffe am Amtsgericht Düsseldorf. Und da ist sein Einsatz als Vize-Vorsitzender des von ihm 2013 in Korschenbroich mitgegründeten Vereins Augenhilfe Afrika. Der Gedanke zu diesem Verein ist, wie so vieles in Korschenbroich, auch in der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft entstanden. Peter Holzenleuchter ist natürlich aktiver Schütze, im Grenadierzug "Alt Engbrück", gegründet 1738. Bei Unges Pengste hat er 1983 seine Frau Marlis kennengelernt - ein Bettrather "Mädchen", das längst nicht mehr weg aus Korschenbroich möchte. Und das einen Traum hat, den der weiße Pitter vielleicht doch noch mal Wirklichkeit werden lässt: an seiner Seite als Königin bei Unges Pengste zu stehen.

Sein eigener Traum ist, in einigen Jahren auf einer Harley Davidson die Route 66 in den USA entlangzufahren. Und dass seine Enkel dann zu ihm sagen: "Echt cool, Opa!" Das wäre ein Kompliment für den Mann, dem 2012 im Gladbacher Krankenhaus Maria Hilf die karnevalistische Ehrendoktorwürde "Humoris Causa" verliehen wurde - "für einen rheinischen Menschen mit barocker Lebensfreude".

(NGZ)
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