Korschenbroich Schüler arbeiten gegen das Vergessen

Korschenbroich · Die Geschichtswerkstatt der Realschule Kleinenbroich probt zurzeit Szenen aus einem Kriegstagebuch eines Korschenbroichers. Die will sie bei einem gemeinsamen Konzertabend mit dem MGV Arion Pesch aufführen.

 Die Schüler der Geschichtswerkstatt mit Lehrerin Eva Hermanns bei der Arbeit. An zwei Tagen pro Woche probt die Gruppe zurzeit für ihren Auftritt beim Konzertabend.

Die Schüler der Geschichtswerkstatt mit Lehrerin Eva Hermanns bei der Arbeit. An zwei Tagen pro Woche probt die Gruppe zurzeit für ihren Auftritt beim Konzertabend.

Foto: Reichartz

Gary (13) weiß, wozu seine Arbeit gut ist. "Wir sollten nicht vergessen, was im Zweiten Weltkrieg Schreckliches passiert ist, damit sich so etwas nicht wiederholen kann", sagt der Schüler der Klasse 7c der Realschule Kleinenbroich. Er wirkt mit bei der Geschichtswerkstatt der Realschule, die die Lehrerin Eva Hermanns 2008 ins Leben gerufen hat.

Aktuell dreht sich alles um den gemeinsamen Auftritt mit dem Männergesangsverein (MGV) Arion Pesch am Samstag, 28. Februar. "Musik der Stunde Null" lautet das Thema des Konzertabends. Im Mittelpunkt steht das Kriegstagebuch von Christian Baues (1894-1949) aus Pesch, der damals als Hausmeister an der dortigen Volksschule arbeitete. Er schrieb über das alltägliche Leid der Pescher Bürger, über den ersten amerikanischen Panzer im Ort, und er trauerte um seinen gefallenen Sohn. Christoph Sochart wird aus dem Tagebuch rezitieren und der MGV mit Liedern wie "Lili Marleen" oder "Flieger, grüß mir die Sonne" die Stimmungen der damaligen Zeit widerspiegeln.

Die Schüler der Geschichtswerkstatt gehen anders an das Thema heran, nämlich aus der Sicht und aus der Erfahrung heutiger Jugendlicher heraus. Die Schüler haben das Tagebuch von Christian Baues ebenfalls gelesen. "Ich fand es sehr bedrückend", sagt Gary, denn er habe die Angst spüren können, die der Tagebuchschreiber vor den Nationalsozialisten hatte. "Wir haben uns gefragt, wie wir uns in die damalige Situation hineinversetzen können. Wie fühlt es sich an, wenn der Sohn im Krieg fällt?", erläutert Eva Hermanns das Konzept der Geschichtswerkstatt.

In kurzen Szenen werden die Schüler Passagen aus dem Tagebuch darstellen und kommentieren. "Wir wollen Denkanstöße und Impulse vermitteln", fährt Eva Hermanns fort und verrät, dass Licht eine große Rolle spielen wird. Tim (15), der seit vier Jahren bei der Geschichtswerkstatt mitmacht, findet den lokalen Charakter bedeutsam. "Wenn Christian Baues schreibt, dass die Panzer in Drölsholz standen, kann ich das viel besser nachempfinden, als wenn ein Ort in Süddeutschland betroffen wäre."

Der Bezug zu Korschenbroich ist auch für Eva Hermanns entscheidend: "Fast immer hat Geschichte mit den Menschen zu tun, die hier leben oder gelebt haben, mit ihrem Handeln und ihren Erfahrungen", sagt sie. Der Männergesangverein Arion hat die Geschichtswerkstatt zu diesem Konzertabend eingeladen. "Die Zusammenarbeit klappt hervorragend", freut sich Eva Hermanns.

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren; zwölf Schüler proben an zwei Tagen pro Woche - freiwillig und außerhalb des Unterrichts. "Es ist ein gutes Gefühl, gegen das Vergessen zu arbeiten", sagt Tobias (16), der ebenfalls seit vier Jahren zur Geschichtswerkstatt gehört. Trotz des ernsten Themas muss es bei den Proben nicht immer ernst zugehen. "Manchmal essen wir auch Kuchen", erzählen die Schüler.

(NGZ)
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