Korschenbroich Turnhalle Lüttenglehn soll Asylheim werden

Korschenbroich · Die Stadt will die Vereinsturnhalle umwidmen und ab Montag als Unterkunft für 15 Asylbewerber nutzen. Die Dorfbewohner sind empört.

 Amtsleiterin Christa Beeck (2.v.r.) und Beigeordneter Schultze (r.) in Lüttenglehn: Thomas Brendel (l.) versucht die Umnutzung durch die Stadt noch abzuwenden.

Amtsleiterin Christa Beeck (2.v.r.) und Beigeordneter Schultze (r.) in Lüttenglehn: Thomas Brendel (l.) versucht die Umnutzung durch die Stadt noch abzuwenden.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Das Dorfleben in Lüttenglehn spielt sich ausschließlich in der alten Turnhalle Schmiedestraße ab. Der Heimatverein und der Tischtennis-Club sind dort seit Jahren beheimatet. Die Halle ist die einzige Versammlungsstätte in dem 550-Seelen-Dorf und wird dementsprechend rege genutzt. Doch das soll sich ab Montag ändern. Die Stadt will dort 15 Asylbewerber unterbringen - als Provisorium für sechs bis zwölf Monate. Die Lüttenglehner sind aufgebracht, fürchten durch den Verlust der Halle um ihr Dorfleben und überlegen, juristische Schritte gegen die Stadt einzuleiten.

 Sie wollen ihre kleine Turnhalle als Begegnungsstätte und Garant für das Dorfleben behalten: 60 Lüttenglehner setzten sich mit vielen Argumenten gestern dafür ein.

Sie wollen ihre kleine Turnhalle als Begegnungsstätte und Garant für das Dorfleben behalten: 60 Lüttenglehner setzten sich mit vielen Argumenten gestern dafür ein.

Foto: Detlef Ilgner

"Wenn uns die Stadt Korschenbroich unsere Turnhalle nimmt, zerbricht unsere Gemeinschaft. Die Halle ist unser Herzstück", fasst Thomas Brendel (31) das Problem der Dorfbewohner zusammen. Brendel, seit vier Jahren Präsident des 200 Mitglieder starken Heimatvereins, wurde am Dienstag von einer Verwaltungsmitarbeiterin angerufen und zur "umgehenden Hallenräumung" angehalten.

Diese für ihn nicht nachvollziehbare Aufforderung wurde Brendel auf Rückfrage vom Stadtkämmerer und Bürgermeister-Vertreter Bernd Dieter Schultze bestätigt. "Ich bin von der Verwaltungsspitze maßlos enttäuscht und fühle mich von der Stadt über den Tisch gezogen", erklärte Brendel danach gegenüber unserer Zeitung. Die Nachricht, die Stadt wolle die Turnhalle als Asylantenunterkunft nutzen, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Und so waren gestern Morgen um 10 Uhr mehr als 60 Lüttenglehner beim Ortstermin der NGZ zugegen.

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Der Beigeordnete Schultze und Ordnungsamtsleiterin Christa Beeck warben um Verständnis: "Die Zahl der asylbegehrenden Flüchtlinge aus den Kriegs- und Krisengebieten ist stark gestiegen und damit auch die Zuweisungen von der Bezirksregierung." Bis zum Jahresende seien noch 26 Personen unterzubringen. "Und täglich kann sich die Zahl noch erhöhen", lautet Schultzes Prognose.

Die Stadt beheimatet aktuell 175 Asylbewerber in drei Übergangswohnheimen, in zwei Obdachlosen-Unterkünften, in zwei städtischen und in einer privat angemieteten Wohnung. "Damit sind alle unsere vorhandenen Kapazitäten erschöpft", teilte Schultze gestern mit. "Es ist geplant, die Gymnastikhalle mit alleinstehenden Männern zu belegen, die zurzeit im Übergangswohnheim Schiefbahner Straße wohnen. So können wir Platz schaffen für Familien." Schultze sprach von einem Provisorium, von zunächst sechs - vielleicht aber auch von zwölf Monaten.

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Foto: dpa, jst fdt

Erklärungsversuche, mit denen die Lüttenglehner nichts anfangen konnten und auch nicht wollten. "Ohne Halle können wir einpacken, dann ist unser Verein tot", sagte Jürgen Orlich für den TTC-Vorstand. Ähnliche Szenarien bestätigten auch die früheren Heimatvereins-Präsidenten Frank Eigen und Willi Oerdinger. Thomas Brendel erinnerte an die mündliche Vereinbarung mit Bürgermeister Dick: "Er hat dem TTC und uns die Halle schon vor Jahren als Begegnungsstätte zugesagt. Wir zahlen dafür, halten die Halle in Schuss, streichen, warten die Heizung und haben erst jetzt eine teure Brandschutztür eingebaut. Wir haben nichts gegen die Asylsuchenden, aber die Halle ist unsere Heimat."

Der Rechtsanwalt Professor Klaus Eschenbroich ließ gestern über seinen Sohn Eric ausrichten, dass die Umnutzung der Turnhalle juristisch fraglich sei. Der Vorstand des Heimatvereins tagt heute und wird dann entscheiden, ob er den Rechtsweg gegen die Stadt beschreiten wird.

(NGZ)
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