Korschenbroich "Verwaltung ignoriert Gestaltungssatzung"

Korschenbroich · Politiker sind überrascht, dass es eine gültige Gestaltungssatzung für den Ortskern gibt. "Das was gilt, muss auch umgesetzt werden", sagt Thomas Siegers (CDU). Damit geht der Streit um die Klinkerfarbe für den Caritas-Neubau weiter.

 Die Caritas investiert zwischen Kirchplatz und Don-Bosco-Straße vier Millionen Euro in Altenwohnungen und Tagespflege. Während das Projekt (Rückfront) von vielen begrüßt wird, stößt die Farbwahl bei der Politik auf Kritik.

Die Caritas investiert zwischen Kirchplatz und Don-Bosco-Straße vier Millionen Euro in Altenwohnungen und Tagespflege. Während das Projekt (Rückfront) von vielen begrüßt wird, stößt die Farbwahl bei der Politik auf Kritik.

Foto: Grosch

Für Hermann Meyer (79) ist das Tauziehen um die Klinkerfarbe für den geplanten Caritas-Neubau am Kirchplatz nicht nachvollziehbar. "Ein Blick in die gültige Gestaltungssatzung hätte schon geholfen", sagt der Korschenbroicher auf Anfrage unserer Redaktion. Und Hermann Meyer muss es wissen: Schließlich waren er und der Korschenbroicher Architekt Friedhelm Nießen maßgeblich an den drei für den Ortskern angefertigten Bebauungsplänen mit den gestalterischen Festsetzungen beteiligt. "Wir sind dafür eigens nach Straelen und Kalkar gefahren, um uns vor Ort zu informieren", erinnert sich der Bau- und Planungsexperte an einen Auftrag des damaligen Stadtdirektors Willi Esser.

Für den Ortskern Korschenbroich gibt es derzeit drei verschiedene Gestaltungssatzungen, die den jeweils gültigen Bebaungsplänen zugeordnet sind. "Es handelt sich dabei um die Gestaltungssatzungen zum B-Plan 10/6 Kirchplatz/Sebastianusstraße, 10/10 Ortskern/Hannen-Brauerei und 10/24 Altes Rathaus/Steinstraße", erklärt Hermann Meyer und merkt mit Blick auf die vor rund 30 Jahren gefassten Ratsbeschlüsse kritisch an: "Diese Satzungen sind heute alle noch gültig. Ein Blick in die Verfahrensakte genügt, und jeder Mitarbeiter im Rathaus müsste wissen, dass die Klinker für den Caritas-Neubau am Kirchplatz farblich mit dem kompletten Ensemble abzustimmen sind." Für Meyer passen "dunkle Klinker" gar nicht. Er fordert eine "vernünftige Lösung für den äußert sensiblen Bereich". Hermann Meyer war als Bau- und Planungsamtsleiter bis 1997 Vertreter des Technischen Beigeordneten Franz-Josef Berg. Der 79-Jährige kann nicht nachvollziehen, dass diese Satzungen allesamt von den Verantwortlichen ignoriert werden.

"Der Kirchplatz soll optisch vernünftig gestaltet werden", fasst SPD-Fraktionschef Paul Jahny die Zielsetzung seiner Partei zusammen. Und weiter betont er: "Mit uns wird es dort weder einen schwarzen noch einen dunklen Klinker geben. Die Stadtverwaltung hat beim Architekten der Caritas ein Farbmuster angefordert, das wird ausgewertet." Und zu der von der Politik seit sechs Jahren geforderten Gestaltungssatzung für den alten Ortskern, sagt Jahny nur: "Hier ist die Verwaltung in der Pflicht."

Auch Wolfgang Houben (Grüne), seit 1999 Mitglied im Stadtrat, sagt ganz offen: "Mir war nicht bekannt, dass es für den Ortskern bereits eine Gestaltungssatzung gibt." Im Zusammenhang mit der Rathausplatz-Sanierung vor rund sechs Jahren wurde nach seiner Erinnerung erstmals der Ruf nach einer Gestaltungssatzung für den Ortskern laut: "Spätestens da hätte der Hinweis aus dem Rathaus kommen müssen, das so etwas bereits existiert." Diesen Hinweis vermisst auch CDU-Fraktionschef Thomas Siegers, der von der "Existenz der Pläne" ebenso wenig wusste wie Jahny. Für Siegers steht fest: "Wir wollen und werden als Politiker nichts durchwinken, was sich optisch nicht verträgt."

(NGZ)
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