Krefeld 11. Krefelder Architekturtage: Stadt zeigt "Mies ganz Grün"

Krefeld · Architektur und Natur gehen im Werk von Ludwig Mies van der Rohe eine untrennbare Symbiose ein. Am Beispiel Haus Lange und Haus Esters zeigen Fachleute an drei Tagen auf, wie er das gelöst hat

 Vor Haus Lange und Haus Esters ist die Wegeführung organisch angelegt, hinter den Gebäuden streng geometrisch.

Vor Haus Lange und Haus Esters ist die Wegeführung organisch angelegt, hinter den Gebäuden streng geometrisch.

Foto: Foto. KA

Die Erben des Krefelder Fabrikanten und Bankiers Isaak Wilhelm Jentges planten auf einem großen Gelände an der Wilhelmshofallee Anfang des 20. Jahrhunderts den Bau einer Gartenstadt. Josef Esters und Herman Lange verpflichteten seinerzeit den heute berühmten Bauhaus-Architekten Ludwig Mies van der Rohe, ihnen dort repräsentative Wohnhäuser zu entwerfen. Mit zum Auftrag zählte auch die Gestaltung des Gartens. "Gelände, Gebäude, Innendekor - Mies van der Rohe hat das als Gesamtheit betrachtet", sagte Sylvia Martin, stellvertretende Leiterin der Krefelder Kunstmuseen, gestern bei der Vorstellung des Programms "Mies ganz Grün" anlässlich der elften Krefelder Architekturtage vom 28. bis 30. August.

 Sylvia Martin und Thomas Janzen stellten gestern im Haus Esters das Programm für die Krefelder Architekturtage vor.

Sylvia Martin und Thomas Janzen stellten gestern im Haus Esters das Programm für die Krefelder Architekturtage vor.

Foto: Thomas Lammertz

Haus Esters und Haus Lange waren die ersten Gebäude der neuen Gartenstadt in einer gleichsam jungfräulichen Umgebung. Mies van der Rohe hatte alle Möglichkeiten, sich über die Räume hinaus ins Grüne zu verwirklichen. Ob er dabei die Hilfe eines Landschaftsplaners in Anspruch genommen habe, könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, erklärte Sylvia Martin.

Überblick, Weitblick und Blickachsen sind Begrifflichkeiten, die den planerischen Ansatz für die Gärten beschreiben. Mies van der Rohe habe zum Beispiel die Terrasse hinter Haus Esters eigens aufschütten lassen. Sie wirke beim Blick aus dem Haus wie eine Kante, vom Garten als Mauer. Eine strenge Wegeführung als Umlauf erlaube aus dem hinteren Teil des Gartens den "idealen Blick" auf die Baukörper, die großen Skulpturen aus Backsteinen gleichkommen. Früher waren die Gärten von Haus Lange und Haus Esters durch eine Mauer getrennt. Heute ist das anders. Mit viel Aufwand sind die über die Jahrzehnte verwilderten Flächen zur Euroga 2002 wieder in einen Originalzustand versetzt worden. "Ganz original sind sie nicht, aber nahezu", berichtete Sylvia Martin.

Anders als etwa Walter Gropius, der seine weißen Kuben als Kontrast zur Natur verstand, versuchte Mies van der Rohe mit Ranken, Rosen und Stauden einen Übergang von Garten und Haus, die Symbiose von Wohnen und Natur zu betonen. Pläne, wie die Gärten einmal angelegt waren, liegen heute im Archiv des Museums of Modern Art in New York, wo der Nachlass des Mitbegründers der modernen Architektur lagert.

Aufklärung zu vielen Fragen bis hin ins Detail liefert ein umfangreiches Programm, das am Freitag, 28. August, um 15 Uhr mit einer Führung durch die Villen beginnt. Thomas Janzen, Museumspädagoge der Krefelder Kunstmuseen, hält um 18 Uhr einen einführenden Kurzvortrag über Gartenkunst in Spielfilmen und zeigt später den 1961 gedrehten Streifen "Letztes Jahr in Marienbad".

Höhepunkt am Samstag, 29. August, ist der Besuch des Züricher Professors Christophe Girot, der ab 18.30 Uhr einen Vortrag über Mies van der Rohe in der kaum vorstellbaren Rolle als Gärtner hält. Nicht das überlieferte Bild der öffentlichen Person Mies van der Rohe - stets tadellos in dunklem Anzug, hellem Hemd und Krawatte gekleidet, steht zur Debatte. Mies als Gärtner mit Distanz ist der Ansatzpunkt des Vortrags.

Am Sonntag, 30. August, ab 11.30 Uhr bringt der städtische Beigeordnete Thomas Visser Licht ins Dunkel, wenn es um die Frage geht, wie viel in den Gärten Haus Lange und Haus Esters original ist. Er berichtet über intensive wissenschaftliche Forschung nach Quellen durch die Stadtverwaltung und erläutert die einzelnen Schritte der Instandsetzung.

Über den Tellerrand hinaus schaut Kerstin Walter von der Gartendenkmalpflege im Landschaftsverband Rheinland. Ihr Augenmerk richtet sie auf die Villa Kaiser samt dazugehörendem Garten in Viersen. Der Architekt Bernhard Pfau, der auch die Textilingenieurschule mit Textilforschungsanstalt in Krefeld (heute Hochschule Niederrhein) gebaut hat, ist der Urheber der Pläne für Immobilie und Garten.

(RP)
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