Krefeld 1700 Jahre alte Orient-Ratte ausgestellt

Krefeld · Im Rahmen der Bewerbung um den Unesco-Welterbestatus stellt das Museum Burg Linn erstmals einen spektakulären Fund aus: Knochen einer orientalischen Wanderratte - es ist in Nordeuropa bislang der einzige Beleg dieser Art aus römischer Zeit. Er beweist: Gelduba war internationales Handelszentrum.

 Die Wanderratte als Präparat - so sahen im Wesentlichen auch die Ratten aus dem Orient aus, die auf römischen Schiffen bis nach Gelduba kamen. Unten zu sehen sind die Knochen eines solchen Nagers, die in einem römischen Brunnen von Gelduba gefunden wurden.

Die Wanderratte als Präparat - so sahen im Wesentlichen auch die Ratten aus dem Orient aus, die auf römischen Schiffen bis nach Gelduba kamen. Unten zu sehen sind die Knochen eines solchen Nagers, die in einem römischen Brunnen von Gelduba gefunden wurden.

Foto: Stadt

Das Museum Burg Linn wird künftig in etwa dreimonatigen Abständen Funde aus dem Archiv präsentieren, die die Bedeutung der Krefelder Sammlung ebenso belegen wie den Rang der archäologischen Fundstätte Gelduba. Das erste spektakuläre Beispiel sind Knochen einer orientalischen Wanderratte, die Anfang des vierten Jahrhunderts nach Christus von einem römischen Handelsschiff aus niederrheinischen Boden erreichte. Der Fund belegt, dass Gelduba ein internationaler Handelsplatz im römischen Reich war. "Die Überreste des Tieres werden erstmals präsentiert", erläuterte gestern Jennifer Morscheiser-Niebergall, Leiterin des Museums Burg Linn, auf Anfrage unserer Redaktion.

Die Knochen sind bereits Anfang der 80er Jahre bei einer Grabung des früheren Museumsleiters Christoph Reichmann gefunden worden und lagerten seitdem im Magazin. "Insofern ist die Ausstellung eine Weltpremiere", sagt Morscheiser lächelnd. Die lange Lagerung im Magazin schmälert keineswegs Bedeutung und Aussagekraft des Fundes. "Dass die Knochen nie ausgestellt wurden, hatte vor allem damit zu tun, dass man Knochen schlecht ausstellen kann; daher hatten wir die Idee, auch die Ratte zu zeigen. Das Präparat ist eine Leihgabe des Aquazoos Düsseldorfs", erläutert Morscheiser

Die Oberschenkelknochen, die im sogenannten Welterbe-Info-Point des Museums zu sehen sind, stammen von einer Wanderratte aus dem Orient und wurden in einem Kastellbrunnen entdeckt. Wie Dirk Senger vom Krefelder Presseamt in einer ausführlichen Expertise erläutert, war der Brunnen in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts aufgegeben und verfüllt worden. Der Knochenfund einer Wanderratte in Gelduba ist in Nordeuropa bislang der einzige aus römischer Zeit.

Die Geschichte der Ansiedlung der Ratte ist ein Krimi für sich. Denn die Wanderratte verbreitete sich am Niederrhein erst im 14. Jahrhundert - die Tiere haben Weltgeschichte geschrieben: Die Flöhe auf diesen Ratten haben im Spätmittelalter die Pest in Europa verbreitet. Die Ratten, die mit den römischen Schiffen nach Gelduba kamen, haben sich offenbar nicht massiv vermehren und verbreiten können. "Es waren schlicht zu wenige Tiere", erläutert Museumsleiterin Morscheiser, "und es waren nicht genug Paare".

Der Nachweis der Ratte in dem römischen Brunnen deutet auf eine Schiffsverbindung zwischen dem Ort am Rhein und dem Vorderen Orient bereits in der Spätantike. Der Seeweg über das Mittelmeer und den Atlantik war vor allem wegen der Stürme gefährlich. Die Römer bevorzugten den sichereren Transport von Marseille über Flüsse und Land in den Norden ihres Reiches. Zu den Händlern, die aus dem Osten des Römischen Reichs bis an den Niederrhein kamen, gehörten wohl auch drei Syrer, die in aramäischer Sprache - der Sprache Jesu -ihre Namen in Schalen eingeritzt haben. Die Schalen wurden in Gellep gefunden. Gleiches gilt für eine Münze aus der kleinasiatischen Stadt Ephesus, die wohl aus dem Besitz eines Reisenden aus dem Osten stammt. Zu den Tauschwaren gehörten von germanischer Seite junge Bären und Federn von See- und Steinadlern. Die Bären waren für Tierhatzen in römischen Arenen bestimmt, die Federn dienten der Zierde.

Ziel des Museums ist es, das Kastell Gelduba 2020 als Welterbe eintragen zu lassen. Das Welterbe-Projekt "Die Grenzen des Römischen Reiches" umfasst die Grenzlinie und Militäreinrichtungen zur Zeit der Blüte des Römischen Reiches, etwa in der Zeit von 100 bis 200 nach Christus. Der Niedergermanische Limes-Abschnitt bestand von 15 vor Christus bis etwa 450 nach Christus - in dieser Zeit brach das römische Reich unter dem Druck der Völkerwanderung endgültig zusammen, und die Franken übernahmen die Herrschaft am Rhein. Unter den in NRW einzutragenden Römerstätten nimmt das Lager von Krefeld-Gellep eine Schlüsselposition ein. Es bestand vom ersten bis fünften Jahrhundert nach Christus fast ununterbrochen an derselben Stelle.

Die Präsentation zum Thema "Welterbe - Niedergermanischer Limes" im Foyer des Museums in Linn umfasst eine gut fünfminütige Animation, die verschiedene Kastelltypen in Krefeld, Grabungen und Fundstücke vorstellt. Zudem werden Informationen zum Thema Welterbe vermittelt. In einem Unterstützerbuch können Besucher ihre Ideen, Wünsche und Sympathie für das Vorhaben festhalten.

(RP)
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