Ulla Manten-Flieger Und Frank Flieger 25 Jahre "Kinderinsel" in Bockum

Krefeld · Die Bockumer Kindertagesstätte Kinderinsel besteht seit 25 Jahren. Im Gespräch erzählen die Gründer, Frank Flieger und Ulla Manten-Flieger, über die chaotische Anfangszeit, unkonzentrierte Kinder und den schwierigen Umgang mit dem Kibiz.

 Raus ins Grüne: In der Bockumer Einrichtung der Elterninitiative "Kinderinsel" verbringen die Kleinen viel Zeit im Freien und helfen auch bei der Gartenarbeit. Im Hintergrund: Ulla Manten-Flieger und ihr Mann Frank Flieger.

Raus ins Grüne: In der Bockumer Einrichtung der Elterninitiative "Kinderinsel" verbringen die Kleinen viel Zeit im Freien und helfen auch bei der Gartenarbeit. Im Hintergrund: Ulla Manten-Flieger und ihr Mann Frank Flieger.

Foto: Thomas Lammertz

Vor 25 Jahren haben Sie eine eigene Kindertageseinrichtung in Bockum eröffnet, die Kinderinsel, damals noch an der Keutmannstraße. Was war der Grund?

Frank Flieger Geplant hatten wir das Projekt bereits 1989. Damals gab es in Krefeld nur Kindergärten für Kinder ab drei. Meistens waren Plätze in diesen Einrichtungen so schnell vergeben, dass viele Kinder erst mit vier oder fünf Jahren in den Kindergarten kamen. Eine Betreuung für Kinder unter drei Jahren gab es überhaupt nicht. Da wir damals selbst einen kleinen Sohn hatten, waren wir direkt betroffen. Wir hatten aber auch von anderen Eltern gehört, dass Bedarf an einer solchen Einrichtung besteht. ULLA MANTEN-FLIEGER Als Sozialpädagogin hat es mich sehr interessiert, ein neues Konzept, die kleine altersgemischte Gruppe, auszuprobieren. Diese familiäre Form der Betreuung wurde damals von Fachleuten sehr positiv bewertet. Ich freute mich auf die Arbeit in einer kleinen, überschaubaren Einrichtung mit einer stabilen Gruppe.

Wie war der Start?

Frank Flieger Das Wichtigste war natürlich, ein passendes Gebäude zu finden. Die Suche danach hat längere Zeit gedauert, doch schließlich sind wir an der Keutmannstraße fündig geworden. Wir haben mit 15 Kindern und drei Erzieherinnen angefangen. Am Anfang herrschte ziemliches Chaos. Wir mussten das Wohnhaus an unsere Bedürfnisse und an die gesetzlichen Vorgaben wie Brandschutzauflagen anpassen. Da wir noch keine finanziellen Mittel hatten, haben wir überall "gebettelt" und so Tische, Bänke oder Spielzeug bekommen. Eine große Hilfe war der Paritätische Wohlfahrtsverband, der uns sehr unterstützt hat. Alles in allem war es eine turbulente Zeit.

Wie stehen Sie nach einem Vierteljahrhundert praktischer Umsetzung zu dem Konzept der altersgemischten Gruppe?

Ulla Manten-Flieger Ich bin davon noch immer überzeugt, auch wenn Kritiker bemängeln, dass beispielsweise ältere Kinder nicht genug gefördert würden. Ich sehe jedoch eher die Vorteile einer solchen Gruppe, die die soziale Kompetenz und das Verantwortungsbewusstsein der Kinder fördert. Gerade für Einzelkinder sind die Erfahrungen in solchen familiären Gruppen wertvoll.

Was waren bedeutende Ereignisse in den 25 Jahren?

Frank Flieger Da fällt mir natürlich sofort der Umzug an die Glockenspitz ein. Gleichzeitig mit dem Umzug haben wir die Einrichtung um eine Gruppe vergrößert und haben seitdem 30 statt 15 Kinder. Diese Vergrößerung war notwendig, um unsere Kita nach Einführung des neuen Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) überhaupt noch finanzieren zu können. Ich habe damals unterschätzt, was für ein gewaltiger organisatorischer Aufwand auf uns zukam. Mehr noch als der Umzug hat uns das Kibiz beschäftigt. Es gibt seitdem mehr Auflagen in allen Bereichen und aufwendige Dokumentations- und Nachweispflichten. Allein die passenden Kinder für unsere Einrichtung zu finden, ist jetzt überaus kompliziert. Es müssen Kinder aus verschiedenen Geburtszeiträumen sein, die an einem Stichtag ein bestimmtes Alter haben. Kinder, die zu alt sind, müssen wir ablehnen, sonst stimmt die ganze Finanzierung nicht mehr. Da wir eine kleine Einrichtung sind, haben wir kaum Spielräume. Deswegen trifft diese Regelung leider auch Geschwisterkinder.

Wie fanden Sie den Streik der Erzieherinnen?

Ulla Manten-Flieger Die Forderungen finde ich durchaus berechtigt. Schließlich hat sich auch unser Beruf in den letzten Jahren stark verändert. Erzieherinnen heute sollen Kinder nicht nur liebevoll betreuen, sondern auch in allen Bereichen fördern. Dafür machen sie Zusatzqualifikationen, um den Ansprüchen gerecht werden zu können. Dieses Engagement sollte auch finanziell honoriert werden. FRANK FLIEGER Ich sehe das genauso wie meine Frau. Allerdings weiß ich auch, dass, sollte eine Erhöhung kommen, kleine Einrichtungen wie wir, die schon jetzt durch zu geringe Betriebskostenzuschüsse finanziell ausgereizt sind, höhere Gehälter nicht werden zahlen können. Außer, die Betriebskostenzuschüsse würden entsprechend angepasst. Was ich mir leider nicht vorstellen kann.

Würden Sie in der heutigen Zeit jungen Kolleginnen dazu raten, eine Einrichtung zu eröffnen?

Frank Flieger Ich würde das auf jeden Fall tun. Private Einrichtungen bereichern das Erziehungsangebot einer Stadt. ULLA MANTEN-FLIEGER Und es macht sehr viel Spaß, sein Arbeitsumfeld selbst zu gestalten. Auch wenn die Kinder heute im Vergleich zu unseren Anfangsjahren deutlich abgelenkter und unkonzentrierter sind. Damals gab es einfach noch weniger Medien, und die Kinderwelt war harmloser. Heute erwarten Kinder in einer Kita mehr Entertainment.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE BÄRBEL KLEINELSEN

(RP)
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