Krefeld 25 Millionen Jahre alter Hai-Zahn gefunden

Krefeld · Ein Zufallsfund von Spaziergängern am Rhein in Gellep entzückt die Fachwelt: Ein bestens erhaltener Zahn belegt, dass im Oberoligozän vor rund 25 Millionen Jahren ein Riesenhai in dem Meer lebte, das das Rheinland bedeckte.

 Die Vorder- und Rückseite des Zahns, der in Gellep am Rhein von Spaziergängern gefunden wurde. Das Zahnfossil hat sich chemisch nur wenig verändert und sieht aus, als sei es gerade erst aus dem Kiefer des Hais herausgebrochen.

Die Vorder- und Rückseite des Zahns, der in Gellep am Rhein von Spaziergängern gefunden wurde. Das Zahnfossil hat sich chemisch nur wenig verändert und sieht aus, als sei es gerade erst aus dem Kiefer des Hais herausgebrochen.

Foto: Hartkopf-Fröder/ Geologischer Dienst

Es ist einer dieser unfassbaren Zufälle: Ein Ehepaar aus Grefrath, das in Gellep am Rhein auf der Suche nach schönen Kieselsteinen für den Garten war, hat einen kostbaren paläontologischen Fund gemacht. Die beiden haben einen Zahn entdeckt, den sie sofort als außergewöhnlich einstuften. Das Paar brachte seinen Fund zum Geologischen Dienst in Krefeld. Der zuständige Fachmann Christoph Hartkopf-Fröder und ein weiterer Spezialist identifizierten das Stück als Zahn einer Riesenhai-Art, die vor 25 Millionen Jahre hier gelebt hat: Carcharocles subauriculatus, ein Hai, der bis zu 15 Meter lang wurde und der mächtigste Raubfisch seiner Zeit war. "Er war der Top-Räuber an der Spitze der Nahrungskette, der alles gefressen hat und von niemandem gefressen wurde", sagt Hartkopf-Fröder auf Anfrage unserer Redaktion.

Krefeld: 25 Millionen Jahre alter Hai-Zahn gefunden
Foto: Hartkopf-Fröder

Der Fund ist bedeutend: Es ist der zweite Beleg, dass diese Hai-Art im Oberoligozän, einer Unter-Stufe des Tertiär, in der Region gelebt hat. Der erste Beleg - ebenfalls ein Haizahn - wurde in den 30er Jahren oder früher in einer Formsandgrube in Süchteln gefunden und liegt heute im Kramer-Museum in Kempen. Der Fund von Gellep wurde jetzt bei der Tagung "Archäologie im Rheinland" des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) der Fachwelt vorgestellt und ist bis zum 19. März im LVR-Landesmuseum Bonn zu sehen. Der Zahn wird zudem zurzeit wissenschaftlich untersucht; das Ergebnis wird in der einschlägigen Fachliteratur vorgestellt.

Der Fund von Gellep erlaubt wichtige Rückschlüsse auf die Tierwelt in dem Meer, das damals das Rheinland bedeckte. "In dem Meer gab es eine reiche Fauna. Mehrere hundert Muschel- und Schneckenarten lebten hier. Hinzu kamen über 30 Arten von Knorpelfischen, also Haie und Rochen, Dutzende von Knochenfischarten, Schildkröten und Wale", berichtet Hartkopf-Fröder. Carcharocles subauriculatus fand also reichlich Nahrung und Beute.

Diese Gattung hat keine direkten heutigen Nachkommen. Allerdings ist der Hai nach Größe, Ökologie und Stellung in der Nahrungskette mit dem heutigen Weißen Hai gut vergleichbar, sagt Hartkopf-Fröder weiter. Einziger wirklicher Fress-Konkurrent war der Zahnwal - keine ernsthafte Bedrohung für den Hai. Es gab Nahrung in Hülle und Fülle auch für kleinere Hai-Arten. "Von einer Fundstelle bei Düsseldorf-Stockum haben wir zahlreiche Zähne von Hai- und Rochenarten geborgen, die deutlich kleiner als Carcharocles subauriculatus waren. Deren Zähne erreichten zum Teil nur wenige Millimeter Größe", sagt Hartkopf-Fröder.

Das Meer, das sich damals im Rheinland erstreckte, reichte bis Köln - dort irgendwo lag der Strand. Das heutige Ratinger Gebiet lag noch unter Wasser, das heutige Sauerland war Festland. Das Meer war wohl angenehm temperiert, vergleichbar mit dem Mittelmeer heute.

Die Höhe des Meeresspiegels war auf tektonische Umstände und Klimafaktoren zurückzuführen: Verglichen mit den heutigen Verhältnissen war auf den Polkappen weniger Eis gebunden, die Erdplatten im Rheinland abgesenkt. Den Umstand, dass das Ehepaar den Fund von Gellep sofort als paläontologisch außergewöhnlich eingestuft hat, obwohl die beiden Laien sind, findet Hartkopf-Fröder so überraschend nicht. "Der Zahn ist auffällig dreieckig und etwa zehn Zentimeter lang. Dass das etwas Bedeutendes ist, ist sofort zu erkennen - für jeden."

(RP)
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