Krefeld 500 Besucher zeigen ihre Schätze

Krefeld · An der Rossstraße gab es beim Schätztag von Restaurator Christoph Tölke Wartezeiten von bis zu vier Stunden.

 Sigrid Feikes legte ein handgeschriebenes Notenblatt vor, das einen in einer slawischen Sprache gehaltenen Liedtext aufwies. Ihr verstorbener Bruder habe dieses Blatt immer in hohen Ehren gehalten. Christoph Tölke fand das ausbleichende Blatt so interessant, dass er das Notenblatt gegen Quittung auslieh, um genauere Recherchen anzustellen.

Sigrid Feikes legte ein handgeschriebenes Notenblatt vor, das einen in einer slawischen Sprache gehaltenen Liedtext aufwies. Ihr verstorbener Bruder habe dieses Blatt immer in hohen Ehren gehalten. Christoph Tölke fand das ausbleichende Blatt so interessant, dass er das Notenblatt gegen Quittung auslieh, um genauere Recherchen anzustellen.

Foto: spro

Trotz Dauerregens kamen sie in Scharen, ihre Schätze sorgsam in Decken oder Trolleys verpackt. Ihr Ziel war die Werkstatt für Restaurierung und Denkmalpflege von Christoph Tölke in der Rossstraße, die an diesem Samstag einen kostenlosen Schätztag anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens anbot.

Neben Firmenchef Christoph Tölke, einem staatlich geprüften Restaurator für Möbel und Holzobjekte, standen seine Mitarbeiter Marcus Dierich, Spezialist für Goldschätzungen, moderne Skulpturen, moderne und alte Kunst, und Ange Marcus für die Schätzung alter Grafiken und Bücher zur Verfügung. Gut 500 Personen nutzten den Schätztag und nahmen Wartezeiten von bis zu vier Stunden in Kauf. Christoph Tölke war trotz dieses unerwarteten Andranges zufrieden: "Die Besucher haben sich hochdiszipliniert verhalten. Genutzt hat uns dabei die rechtzeitige Ausgabe von Wartenummern."

 Die "Tantalos" genannte Reise-Minibar ist aus der Postkutschen- bzw. frühen Eisenbahnzeit. Der Eigentümer hat sie noch selber in einer Droschke genutzt. Christoph Tölke schrieb dem Barkasten eine französische Herkunft zu.

Die "Tantalos" genannte Reise-Minibar ist aus der Postkutschen- bzw. frühen Eisenbahnzeit. Der Eigentümer hat sie noch selber in einer Droschke genutzt. Christoph Tölke schrieb dem Barkasten eine französische Herkunft zu.

Foto: Otmar Sprothen

Stargast der vierstündigen Veranstaltung war die aus der ZDF-Sendung "Bares für Rares" bekannte öffentlich bestellte und vereidigte Versteigerin, Gemmologin und Diamant-Gutachterin Ann-Katrin Hoffmann. An ihrem Beratungstisch hatte die Schätzerin ihr Handwerkszeug ausgebreitet: ein mit schwarzem Samt ausgelegter Schaurahmen, eine elektronische Kernwaage, ein Mini-Refaktometer, mit dessen gradueller Lichtbrechung zwar ähnlich aussehende, aber höchst unterschiedliche Edelsteine bestimmt werden können, eine Graduierungslupe zum Ausmachen individueller Feinheiten der zu bestimmenden Steine und die Papaport-Liste, eine nur den Händlern vorbehaltene Diamant-Preisliste.

Wer bei den Beratungsgesprächen hin hörte, konnte viel über Limit und Schätzwert und den Ablauf von Versteigerungen lernen. Die Ratsuchenden schleppten herbei, was lange in Schränken oder auf dem Dachboden geschlummert hatte. Hoffmann schätzte den reinen Goldwert des Schmuckgegenstandes, den sie tagesaktuell nach dem Goldpreis für eine Unze festlegte. Sollte der Gegenstand versteigert werden, setzte sie den Ausgangswert tief an. Dies begünstige einen guten Abschluss, ist ihre Erfahrung, denn manche an der Auktion Beteiligte witterten dann ein Schnäppchen und jagten sich gegenseitig hoch.

 Hanna Kugel ließ ein Uhr-Armband, ein Collier, einen Ring und einen Anhänger schätzen. Ann-Katrin Hoffmann schätzte den Goldwert auf 800 Euro. Über eine mögliche Versteigerung sollte Kugel aber noch mal schlafen.

Hanna Kugel ließ ein Uhr-Armband, ein Collier, einen Ring und einen Anhänger schätzen. Ann-Katrin Hoffmann schätzte den Goldwert auf 800 Euro. Über eine mögliche Versteigerung sollte Kugel aber noch mal schlafen.

Foto: Otmar Sprothen

Hoffmann zählt weit über 7000 Stammkunden, die immer wieder ihre Dienste in Anspruch nehmen, darunter Leihhäuser, Anwälte oder Privatleute, die in Erbstreitigkeiten verstrickt sind. Sie gibt den gegenüber dem Versicherungswert niedrigeren Marktwert weiter, den sie für realistischer hält. In den vergangenen Jahrzehnten habe sich die Einschätzung von Dingen verschoben, die die Gesellschaft für wertvoll halte, sagte die Expertin. In heutigen Zeiten würde niemand mehr wertvollen Goldschmuck oder Pelze öffentlich zur Schau stellen wollen. Auch Teppiche und Perlenketten wären out. Stattdessen würden die Menschen mehr Stahl- oder Silberschmuck tragen. Sehr teure Uhren würden nach wie vor gekauft. Diese Erfahrungen bestätigten sich auch vor Ort. So wollten viele Besucher mit ihren Schätzchen nicht öffentlich genannt werden.

 Der Großvater des heutigen Eigentümers hatte das Bronzekreuz Ende 1944 im Boden der Krim gefunden. Ein russischer Schätzer befand, das Kreuz sei im 6. bis 7. Jahrhundert hergestellt worden und zeige die Gottesmutter.

Der Großvater des heutigen Eigentümers hatte das Bronzekreuz Ende 1944 im Boden der Krim gefunden. Ein russischer Schätzer befand, das Kreuz sei im 6. bis 7. Jahrhundert hergestellt worden und zeige die Gottesmutter.

Foto: Otmar Sprothen
 Zwei Bände einer ursprünglich dreibändigen Berleburger Bibel aus dem Jahre 1737 fand dieser Mann auf dem Dachboden. Ange Marcus schätzte die Kosten für die Restauration weit höher ein als den Wert der Bände.

Zwei Bände einer ursprünglich dreibändigen Berleburger Bibel aus dem Jahre 1737 fand dieser Mann auf dem Dachboden. Ange Marcus schätzte die Kosten für die Restauration weit höher ein als den Wert der Bände.

Foto: Otmar Sprothen
 Die Schlange der Wartenden war am Samstag lang. Rund 500 Bürger kamen mit ihren großen und kleinen Schätzen in die Restaurierungs-Werkstatt und nahmen auch Wartezeiten von bis zu vier Stunden in Kauf.

Die Schlange der Wartenden war am Samstag lang. Rund 500 Bürger kamen mit ihren großen und kleinen Schätzen in die Restaurierungs-Werkstatt und nahmen auch Wartezeiten von bis zu vier Stunden in Kauf.

Foto: Otmar Sprothen

Ann-Katrin Hoffmann wird im März die Versteigerung eines bedeutenden Krefelder Nachlasses im Hause Tölke durchführen, deren Erlös an die Krefelder Herzstiftung geht. Eine weitere Versteigerung eines großen Nachlasses wird dem Kaiser-Wilhelm-Museum zum Ankauf eines bedeutenden Kunstwerkes dienen.

(RP)
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