Krefeld Ärzte: Darmkrebs ist kein Todesurteil

Krefeld · Ein Tumor im Darm ist heilbar, wenn er früh genug erkannt wird. Die Fachärzte am RP-Telefon erklärten gestern, dass sich 50 bis 70 Prozent der Neuerkrankungen verhindern lassen, wenn Darmspiegelungen als Vorsorge flächendeckend eingesetzt würden.

Darmkrebs ist heilbar: Sehr oft haben die Experten am RP-Telefon gestern diesen Satz wiederholt. Denn die Medizin hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht, und besonders Darmkrebs, der früh erkannt wird, ist heute kein Todesurteil mehr. Professor Tobias Zekorn, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am St, Josefshospital Uerdigen, Dr. Wilhelm-Ulrich Schmidt, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am St. Josefshospital Uerdingen, und Dr. Theodor Heuer, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Endokrinologie, Onkologie, Hämatologie, Nephrologie und Infektionskrankheiten am kooperierenden St. Bernhard-Hospital in Kamp-Lintfort, haben anderthalb Stunden lang Fragen der Leser beantwortet. Hier die wichtigsten:

Anzeichen Für einen Darmtumor gibt es nicht das eine typische Symptom. Veränderungen des Stuhlgangs sind meist harmlos. Aber wenn Durchfall oder Verstopfung oder beides im Wechsel über zwei, drei Wochen andauern, rät Heuer, sollte die Ursache unbedingt abgeklärt werden. Schmerzen treten beim Darmkrebs meist erst in fortgeschrittenem Stadium auf.

Vorsorge Durch flächendeckende Darmspiegelungen der Über-50-Jährigen lassen sich 50 bis 70 Prozent der Neuerkrankungen verhindern, meint Heuer. Die Untersuchung sollte alle fünf bis zehn Jahre wiederholt werden. Notwendig ist eine Überweisung vom Hausarzt. "Die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit der Spiegelung einen ein Zentimeter großen Polypen finden, liegt bei 93 Prozent. Das ist in der Medizin sehr viel", erklärt Zekorn.

Polypen Sie sind immer gutartig. Aber sie sind eine Vorstufe des Krebses. Polypen, die bei der Darmspiegelung (Koloskopie) entdeckt werden, können gleich entfernt werden.

Darmspiegelung Für viele ist es ein unangenehmes Thema. Das wissen auch die Ärzte. "Aber es hat sich da schon sehr viel getan", sagt Zekorn. Der belastendste Teil sei die Vorbereitung, wenn der Patient abführen und sehr, sehr viel trinken muss. "Aber da gibt es verschiedene Methoden, für jeden ist eine passende zu finden", meint Zekorn. "Denn der Darm muss sauber sein. DieQualität der abführenden Maßnahme ist ganz entscheidend." Die Koloskopie wird ambulant im Krankenhaus gemacht – außer bei Risikopatienten. "Der Patient bekommt in der Regel nicht viel mit", erklärt Zekorn. Er bekommt ein Medikament, so dass er verschläft, wenn die Sonde mit der Kamera durch seinen Darm fährt. "Beim Herausziehen kann er aufwachen, wenn es ihm lieber ist, kann er auch das noch verschlafen", sagt Zekorn. Die Untersuchung dauert weniger als 20 Minuten. Dabei wird der Kreislauf überwacht. "Nach einem guten Frühstück kann der Patient nach Hause – allerdings mit einer Begleitperson. Er wird sich völlig fit fühlen, sollte aber nichts machen, was sein Reaktionsvermögen fordert", sagt der Internist.

Kamera Darmspiegelungen mit einer Kamera eignen sich für Untersuchungen des Dünndarms. Dann schluckt der Patient eine Kapsel, die eine Mini-Kamera enthält. Die Kamera wird auf natürlichem Weg ausgeschieden, danach werden die Bilder ausgewertet. Für den Dickdarm ist ein solches Verfahren derzeit in der Entwicklung. Zekorn: "Es gibt als Alternative aber die CT-Kolonographie, ein radiologisches, bildgebendes Verfahren."

Operation Wenn nicht nur ein Tumor entfernt wird, sondern auch ein Stück des Darms, bedeutet das für die Betroffenen eine Umstellung: "Wie groß die ist, hängt von vom Darm ab", erklärt Schmidt. Besonders kritisch ist es beim Mastdarm, wo der Stuhl aufbewahrt wird. Wenn er stark verkürzt wird, ist häufiger Toilettengang notwendig.

Künstlicher Darmausgang Der wird heute seltener gelegt – und meist vorübergehend. Er soll die Darmnaht schonen, wenn Tumoren und Darmgewebe entnommen wurden. Wenn eine Chemotherapie notwendig ist, kann der Darmausgang nach drei bis sechs Monaten wieder zurückgelegt werden, ohne Chemo auch schon früher. "Seine Gewohnheiten muss niemand umstellen, aber es dauert drei bis sechs Monate, bis der Darm sich auf die neue Situation eingestellt hat. Und in der Zeit tut sich viel. Da sollte niemand verzweifeln, wenn er anfangs glaubt, er komme mit der Situation nicht zurecht", meint Schmidt. Der Stuhlgang spielt sich ein, die Verträglichkeit von Nahrung. "Aber es kommt auch vor, dass manche plötzlich neue Vorlieben und Abneigungen für Lebensmittel entwickeln", erklärt er.

InKontinenz "Heute wird immer so operiert, dass der Schließmuskel und damit die Kontinenz erhalten bleiben. Auch Tumoren am After werden heute fast nur bestrahlt, damit Inkontinenz verhindert wird. Vorteil sind die Kontinenzzentren, in denen Gynäkologie, Urologie und Gastroenterologie gemeinsam sich um individuelle Probleme der Patienten kümmern", so Schmidt.

Risikofaktoren Zu fettes Essen, rotes Fleisch, Alkohol, Nikotin und familiäre Vorbelastungen sind klassische Risikofaktoren. "Erst in jüngster Zeit ist klar, dass mangelnde Bewegung einen ganz hohen Anteil an der Entwicklung von Darmkrebs hat", berichtet Tobias Zekorn.

(RP)
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