Wahlkampfauftakt AfD plant geheimes Treffen in Krefeld

Krefeld · Mit Wurfsendungen unter der Überschrift "Krefelder Post. Kritisch - informativ - alternativ" wirbt die AfD für eine Wahlkampfveranstaltung in Krefeld. Der Ort soll bis einen Tag vor der Veranstaltung am 19. April geheim bleiben.

Wie berichtet, hat es die AfD in Krefeld nicht geschafft, Direktkandidaten für die beiden Krefelder Wahlkreise aufzustellen. Die Partei bekam nicht die nötigen 100 Unterstützer-Unterschriften je Kandidat zusammen.

Für die Krefelder Veranstaltung ist auch eine der umstrittensten Gestalten der AfD angekündigt: Beatrix von Storch, die als Euro-Skeptikerin im Europäischen Parlament sitzt und bekanntlich mit Äußerungen über Schüsse auf Flüchtlinge, auch auf Frauen und Kinder, bundesweit für Empörung gesorgt hat.

Die AfD, die in Krefeld kommunalpolitisch bedeutungslos ist, nimmt in ihrer Postille auch zu lokalen Themen Stellung. Den Bau der Moschee an der Gladbacher Straße lehnt die AfD ab; die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit wird wiederum ausdrücklich bejaht, so dass der Widerspruch bleibt, wie man ein Projekt, das nach deutschem Recht und Grundgesetz zulässig ist, verhindern will.

Beim Baugebiet an der Violstraße wird eine Überdimensionierung des Gewerbeanteils kritisiert - das Thema ist in der Bezirksvertretung längst mit Anwohnern behandelt und weitergetrieben. Landespolitisch kritisiert die AfD die Abschaffung des dreigliedrigen Schulwesens, die Einführung der Gesamtschule sowie der Inklusion; beklagt wird eine "staatlich verordnete Vereinheitlichung" im Bildungswesen. Als "Alleinstellungsmerkmal" wertet die AfD die Forderung nach der "Bildung jedes einzelnen Kindes nach individueller Begabung" - was daran Alleinstellungsmerkmal sein soll, bleibt rätselhaft. Alle Bildungspolitiker fordern dies.

Wie alle Parteien ist die AfD gegen "unkontrollierte Zuwanderung". SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wird für seine pro-europäische Haltung und als "Meister des Kungelns und undurchsichtiger Machtspielchen" angegriffen - Phänomene, die der AfD auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene vertraut sein dürften, wenn man an den Zerfall der AfD in Krefeld und die Macht- und Flügelkämpfe der AfD in Bund und Ländern denkt.

In einem Interview mit dem Krefelder AfD-Mitglied Martin Vincentz über das Selbstverständnis seiner Partei skizziert er die AfD als eine Alternative zu den "Alt-Parteien" - zuletzt hätten die Grünen diese Rolle eingenommen und die etablierten Parteien aus ihrer Bequemlichkeit herausgerissen.

Zu politischen Inhalten sagt Vincentz nichts, auch nicht zur Gesundheitspolitik - er ist promovierter Mediziner und firmiert als gesundheitspolitischer Sprecher der AfD. Thematisiert wird ausschließlich das Selbstbild der AfD als verfolgte Minderheit. Vincentz gibt sich intellektuell, zitiert Tucholsky, reklamiert für die AfD, das "Rationale" zu vertreten, und stilisiert die AfD zur Antwort auf die Moderne: "Die Probleme der Moderne lassen sich nicht mehr mit der SPD beantworten, deren ideologische Substanz auf das 19. Jahrhundert zurückgeht."

Was das genau bedeutet, wird nicht erläutert, ebenso fehlen kritische Nachfragen: Wie passt dieser Modernitätsanspruch zu dem völkischen, selbst in der AfD als neonazistisch gebrandmarkten Gerede eines Björn Höcke? Wie ist dieser Anspruch vereinbar mit latenter Ausländerfeindlichkeit und nationalistischen Reflexen, die tief ins 19. Jahrhundert zurückweisen, und wo ist das angeblich "Neue" in einer Partei, die seit Monaten Machtkämpfe austrägt, wie sie aus allen Parteien bekannt sind?

(RP)
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