Krefeld Als die Amis das eingemachte Obst stahlen

Krefeld · Kindheitserinnerungen und historische Fotos: Der Bürgerverein Tackheide sammelt anlässlich seines 40-jährigen Bestehens Bilder von früher. Die 88-jährige Martha Romatowski hat bereits ihr persönliches Schatzkästlein geöffnet.

 Martha Romatowski als Kind. Gemeinsam mit ihrer Mutter Sophia und der Ziege steht sie auf der Wiese in Tackheide vor dem "HJ-Heim", das heute noch erhalten und als "Billardheim" bekannt ist.

Martha Romatowski als Kind. Gemeinsam mit ihrer Mutter Sophia und der Ziege steht sie auf der Wiese in Tackheide vor dem "HJ-Heim", das heute noch erhalten und als "Billardheim" bekannt ist.

Foto: Bürgerverein

Martha Romatowski erinnert sich noch ganz genau an das Ende des Zweiten Weltkriegs: In das kleine Siedlungshaus ihrer Familie in Tackheide wurden Amerikaner einquartiert. Und die taten sich nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren erst mal gütlich an den eingemachten Vorräten der Familie. "Wir hatten 32 Obstbäume - elf davon waren Pfirsiche - und dazu einen großen Gemüsegarten, Hühner und eine Ziege", erzählt die heute 88-Jährige.

In einer Schublade verwahrt die alte Dame Fotos aus den 30er und 40er Jahren, darunter eines von sich mit ihrer Mutter Sophie und eben jener Ziege. Der historische Schatz aus dem Hause Romatowski wurde jetzt auf Initiative des Bürgervereins Tackheide digitalisiert. Zum Spielplatzfest des Bürgervereins, das anlässlich des 40. Geburtstags des Vereins im September groß gefeiert werden soll, möchte Vorsitzender Werner Lennackers möglichst viele Fotos von damals zusammenstellen. Er hofft, dass noch viele Tackheider solche Erinnerungsfotos besitzen und sie dem Bürgerverein zum Einscannen anvertrauen. "Selbstverständlich bekommt jeder seine Bilder unversehrt zurück." Beim Spielplatzfest sollen die Bilder an Plakatwänden ausgestellt, oder vielleicht sogar in gedruckter Form veröffentlicht werden.

 Siedlerfest in Tackheide: Traditionell wurden Fuhrwerke, aber auch Fahrräder und Bollerwagen für den Zug durch die Siedlung bunt geschmückt.

Siedlerfest in Tackheide: Traditionell wurden Fuhrwerke, aber auch Fahrräder und Bollerwagen für den Zug durch die Siedlung bunt geschmückt.

Foto: BVT

Martha Romatowskis Erinnerungen an damals sind noch sehr präsent. 1933 und 1934 wurde das Haus ihrer Eltern auf 1800 Quadratmeter Grund gebaut, groß genug, dass die Familie sich selbst versorgen konnte. Nachdem der Vater 1944 im Krieg gefallen war, halfen drei französische Kriegsgefangene bei der Bestellung. Auch von ihnen gibt es noch ein Foto.

Das heute als Billardheim bekannte Gebäude diente damals als Hitlerjugend-Heim. "Mittwochs und samstags mussten wir zum Dienst antreten, die Jungs marschierten, ich selber war in einer Singgruppe." Wer nicht freiwillig erschien, wurde abgeholt. Sie selber sollte dort mit 14 nach der Schulentlassung Führerin werden, umging die ungeliebte Pflicht aber, indem sie sich zum so genannten freiwilligen Landdienst meldete und diesen südlich von Rostock auf einem Bauernhof absolvierte.

 Martha Romatowski ist in Tackheide aufgewachsen.

Martha Romatowski ist in Tackheide aufgewachsen.

Foto: C. Puvogel

Auch viele glückliche Kindheitserinnerungen sind mit der Zeit der ersten Siedlungshäuser verbunden. "Wir haben am Feldweg unsere Puppenküchen aufgebaut und dort Familie gespielt", erzählt sie. Oder den örtlichen Bauern gefoppt: "Wir saßen hinter der Hecke und haben gerufen: 'Hauser Bu-er, de Milch wörd su-er'".

Gern erinnert sich die Seniorin an die Zeit nach dem Krieg, die schönen Siedlerfeste, die damals im Sporthaus, heute Marathon, gefeiert wurden, und zu denen es auch immer einen Umzug mit geschmückten Fahrrädern und Karren gab. Bei einem der Feste hat sie ihren Willi kennengelernt. Seine Brüder warnten ihn vor der, wie sie glaubten "Schicki-Micki Maus" Martha. Denn wir hatten Verwandte in den USA, die meiner Schwester und mir immer schöne Kleider geschickt haben. Wir waren die Ersten, die ein Feincord-Kleid hatten", erzählt Martha Romatowski. Willi warb erfolgreich um die junge Frau, führte sie ins Kino in den Seidenfaden zu einer ersten Verabredung aus. Später übernahmen die beiden die Siedlerstelle von Marthas Mutter, modernisierten sie und zogen dort ihre eigenen drei Kinder groß. Heute ist Martha Romatowski eine der ältesten Einwohnerinnen von Tackheide.

Krefelder, die noch alte Fotos aus dem Siedlungsgebiet Tackheide haben, werden gebeten, sich mit Werner Lennackers in Verbindung zu setzen, Telefon: 397478, E-Mail: "bvtkr@gmx.de".

(RP)
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